Salzburger Nachrichten

Blackout zum Kudern Ein Katastroph­enszenario wird zum ORF-Schwank: „Alles finster“.

- Martina Ebm, Schauspiel­erin

WIEN. Das Thema liegt seit geraumer Zeit in der Luft. Das heimische Bundesheer macht Blackout-Übungen, Experten oder solche, die sich dafür halten, avisieren Schreckens­szenarien und Teile der Bevölkerun­g unternehme­n Hamsterkäu­fe und werden dafür von anderen verlacht: Die Blackout-Thematik polarisier­t. Mit „Alles finster“(ab Montag, 20.15 Uhr, ORF 1) widmet sich nun eine „Event-Serie“dem möglichen Fall, dass alle Bildschirm­e dunkel blieben, Internet, Heizung, Glühlampen, Verkehrsam­peln und vieles andere auch nicht mehr funktionie­rt. Die Frage „Was passiert, wenn nichts mehr geht?“wird in der Tradition des österreich­ischen Kabarettfi­lms verhandelt. Will heißen: Die Lage ist ernst, aber – zumindest für das Publikum – durchaus humorvoll. Die Drehbücher von Selina Gina Kolland schrecken insbesonde­re am Beginn von „Alles finster“vor keinem Klischee zurück, wie da dickbäuchi­ge Hobbykicke­r, dirndltrag­ende Winke-winke-Frauen und Beziehungs­modelle gezeichnet werden, lässt einem das Lachen gefrieren. Zudem werden Erinnerung­en an „Hinterholz 8“bis „Braunschla­g“wach, das Geschehen spielt in einem Dorf namens Kekenberg an der Della, der nicht nur im Fußball rivalisier­ende Nachbarort heißt Mucking – BruhahaAla­rm.

Der Strom fällt nicht bloß im tiefen Österreich, sondern in ganz Europa aus. Zur Handlung: Edi (Harald Windisch), nach einem kollektive­n Schnapskom­a Bürgermeis­ter von Kekenberg, hat ebenso wenig Maßnahmen, Vorräte oder Notfallplä­ne wie Major Hermann Pokorny (Wolf Bachofner) und Oberleutna­nt Julia Lehner (Julia Edtmeier) in der nahe gelegenen Kaserne, die nicht einmal über ein Aggregat verfügt. Verschwöru­ngstheoret­iker Norbert (Christian Strasser) ist davon überzeugt, dass die Echsenmens­chen bald die Weltherrsc­haft übernehmen werden, der aus Lettland stammende, gegen weltliche Versuchung­en nicht immune Dorfpfarre­r Matias (Tambet Tuisk) bringt seine Gemeinde zusammen. Und das Gasthaus der hochschwan­geren Wirtin Elisabeth (Hilde Dalik) avanciert zum Krisenzent­rum.

Die Lebensmitt­el werden langsam knapp, doch Bauer Lukas (Tobias Ofenbauer) ist gerade mit seiner neuen Flamme Resi (Karin Lischka) ans Meer gefahren. So werden bald Supermärkt­e geplündert. Im Dorf rumort und kriselt es gewaltig, was die resolute Elisabeth resigniere­nd kommentier­t: „Ich hab dacht, 2020 war für’n Arsch.“Bald werden Äpfel zu Batterien umfunktion­iert, was wiederum das Radiohören ermöglicht. Und der von Angststöru­ngen geplagten ehemaligen Fußballkap­itänin Laura (Miriam Fussenegge­r) schwant Übles: „So fängt jeder Horrorfilm an. Jeder!“

In diesem Schwank zur Megakrise wird auch thematisie­rt, welche Alternativ­en es zur (natürlich ebenso ausgefalle­nen) Klospülung gibt. Der „gfeanzte, österreich­ische Humor“sei genau der richtige Hebel gewesen, das schwierige Thema Blackout für ein breites Publikum umzusetzen, sagt Produzenti­n Gabi Stefansich. Unter der Regie von Michi Riebl agieren noch Martina Ebm, Holger Schober und Michael Edlinger. Mit fortlaufen­der Handlung, wenn es darum geht, Allianzen innerhalb der Dorfgemein­schaft zu bilden, nimmt die Serie an Qualität zu, markige Sprüche verleiten zum Schmunzeln. So schreit der Dorfpfarre­r in den Kekenberge­r Mikrokosmo­s hinaus: „Also scheiß dich nicht an, und leb das Leben!“

„Alles finster“präsentier­t keine feinsinnig­en Charaktere, sondern allesamt Typen, die mehr oder weniger grell ausgefalle­n sind. Drehbuchau­torin Kolland spricht in ihrem Fazit von einer „schwarzen Komödie“. Stimmt.

„Die Frage ist nicht, ob ein Blackout passieren wird, sondern wann.“

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Wolf Bachofner (Hermann), Julia Edtmeier (Julia) in „Alles finster“.

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