Tilly, Juli und der Präsident
ICHweiß, ich setz mich jetzt in die Nesseln. Aber ich mag Haustiere nicht besonders. Bitte mich nicht falsch zu verstehen. Ich mag Tiere. Im Wald, auf der Wiese, auf einem Bauernhof. Aber mit Hund, Katz und Kanarienvogel in der Wohnung fange ich wenig an. Wobei ich als Kind selbst einen Wellensittich namens Uschi hatte, dem ich mit einer Eselsgeduld versuchte, das Sprechen beizubringen. Vergebens. Aber wie gesagt, das ist lange her.
Der Ausgleich zu meiner ... nennen wir es Reserviertheit Haustieren gegenüber wurde 2017 geboren. Meine Tochter ist das komplette Gegenteil von mir. Sie liebt jedes Tier, vor allem Haustiere – und ganz besonders Hunde. Egal ob groß oder klein, schön oder hässlich, dick oder dünn. Sobald sie einen Hund sieht, ist es um sie geschehen. „Ich will auch so einen Hund!“, ruft sie dann in ohrenbetäubender Lautstärke. Kommt keine Reaktion, dreht sie weiter auf: „Ich will auch so einen Hund! Genau so einen!!!“Erst wenn die verbale Empfangsbestätigung da ist: „Hab ich mir gedacht, Tilly!“– ist wieder Ruhe.
Da Wien nicht nur die Hauptstadt Österreichs, sondern vor allem die Hundehauptstadt des Landes ist, bin ich also, wenn ich mit meiner Kleinen im Park oder in der Stadt unterwegs bin, die meiste Zeit damit beschäftigt, meiner Tochter zu versichern, dass ich eh weiß, wie sehr sie sich einen Hund wünscht. Das hat nicht nur Nachteile: Wenn ich sie aus den Augen verliere, finde ich sie relativ rasch wieder. Ich muss nur immer den Ohren nach.
Freundliche Hundebesitzer, deren Vierbeiner sie streicheln darf, lädt sie neuerdings zu ihrem Geburtstagsfest ein. Das ist zwar erst im November. Aber wenn es so weitergeht, werden wir dafür die Wiener Messehalle anmieten müssen. Denn zuletzt ist sie dazu übergegangen, jedem Hundebesitzer mit ihrem Roller nachzuflitzen und zu fragen: „Darf ich deinen Hund streicheln?“Ich laufe dann immer hinterher, um zu verhindern, dass sie sich auf Hund und Besitzer stürzt. So wie neulich, als sie direkt vor einem älteren Herrn mit Hund an der Leine wild abbremste und rief: „Darf ich deinen Hund streicheln?“Ich kam (wie immer) nachgehechelt, um zu erklären, dass meine Tochter Hunde liebt und ... da fragte sie schon: „Wie heißt dein Hund?“Ich schaute das Herrchen an und sagte: „Juli!“Weil den Hund vom Bundespräsidenten, den kenn sogar ich. Die Kleine durfte Österreichs First Dog natürlich streicheln, Alexander Van der Bellen nickte wohlwollend. Und Juli? Sie ertrug es mit ebensolcher Gelassenheit. Ein echter Profi. Tilly will jetzt übrigens auch so einen Hund. Und ich denke, zur Not würde ich ihre Geburtstagsparty auch in die Hofburg verlegen.