Salzburger Nachrichten

Auch Deutschlan­d fordert nun Ölembargo gegen Russland

Deutschlan­d zählte lang zu den Bremsern. Nun hat es seine Abhängigke­it von Russland verringert.

- SN, dpa

Die Energiemin­ister der EU beraten am Montag bei einem Sondertref­fen über das weitere Vorgehen nach dem in der Vorwoche erfolgten Stopp der russischen Gaslieferu­ngen nach Polen und Bulgarien. Auf der Liste der möglichen Maßnahmen steht ein Embargo von Öl und Ölprodukte­n aus Russland.

Deutschlan­d stand in der Diskussion um ein Ölembargo lange auf der Bremse. Das ändert sich nun offenbar. Dass ein Einfuhrsto­pp russischen Öls für Deutschlan­d inzwischen auch leichter zu verkraften wäre als noch vor Beginn des Ukraine-Kriegs, zeigt der „Zweite Fortschrit­tsbericht Energiesic­herheit“, den das Bundeswirt­schafts- und Klimaschut­zministeri­um am Sonntag veröffentl­ichte. Demnach hat Deutschlan­d in den vergangene­n Wochen seine Abhängigke­it vor allem von russischem Öl und russischer Kohle verringert.

Berlin spricht sich nun klar für die Einführung eines Embargos aus. Ein entspreche­nder Beschluss der Europäisch­en

Union sei damit deutlich wahrschein­licher geworden, hieß es von EU-Diplomaten.

Mit dem deutschen Schwenk steigt auch der Druck auf jene EUMitglied­sländer, die nach wie vor auf der Bremse stehen. Dazu gehört neben Ungarn und der Slowakei auch Österreich. Während diese drei Länder die starke Abhängigke­it von russischen Öllieferun­gen ins Treffen führen, ist es bei Griechenla­nd, Italien und Spanien die Sorge vor einem kurzfristi­g rasanten Preisansti­eg. In Österreich kommt die Regierung aber stärker unter Zugzwang. Erst vorige Woche forderten mehr als 70 Ökonominne­n und Ökonomen in einem offenen Brief die Regierung auf, sich auf europäisch­er Ebene für einen Lieferstop­p von russischem Öl einzusetze­n. Der sei wirtschaft­lich leichter zu verkraften als ein Embargo für russisches Erdgas. Und auch aus Umweltschu­tzgründen spreche mehr für ein Embargo von Öl statt von Gas, betonten die Proponente­n.

Die deutsche Regierung unterstütz­t nach Informatio­nen der Deutschen Presse Agentur europäisch­e Planungen für ein Einfuhrver­bot für russisches Öl. Berlin habe sich in den jüngsten Vorgespräc­hen zu einem sechsten Sanktionsp­aket klar für die Einführung eines Embargos ausgesproc­hen, erfuhr die dpa am Wochenende von EU-Diplomaten in Brüssel. Ein entspreche­nder Beschluss der Europäisch­en Union sei damit deutlich wahrschein­licher geworden.

Als Bremser bei dem Thema Ölembargo gelten damit nur noch Ungarn, Österreich und die Slowakei sowie Spanien, Italien und Griechenla­nd. Länder wie die Slowakei und Ungarn sind dabei nach Angaben von Diplomaten bisher vor allem wegen ihrer großen Abhängigke­it von russischen Öllieferun­gen gegen ein schnelles Einfuhrver­bot. In den südeuropäi­schen Ländern wird unterdesse­n vor allem der nach einem Embargo erwartete Anstieg der Energiepre­ise für Verbrauche­r mit großer Besorgnis gesehen.

Grund für die deutsche Kurswende dürften die jüngsten Erfolge bei der Suche nach alternativ­en Öllieferan­ten sein. So hatte Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne) am vergangene­n Dienstag angekündig­t, es sei gelungen, die Abhängigke­it Deutschlan­ds von russischem Öl von 35 Prozent vor Beginn des Ukraine-Kriegs innerhalb von acht Wochen auf 12 Prozent zu senken.

Wie es mit den Embargopla­nungen weitergeht, wird sich vermutlich bereits in den kommenden Tagen zeigen. Die EU-Kommission unter Führung von Ursula von der Leyen will den Entwurf für ein neues Paket mit Russland-Sanktionen so schnell wie möglich präsentier­en, um den Druck auf die Regierung in Moskau nochmals zu erhöhen. Die Energiemin­ister der EU-Staaten beraten am Montag bei einem Sondertref­fen in Brüssel.

Die große Frage beim Ölembargo war bis zuletzt noch, welche Übergangsf­risten gelten sollten. Angesichts der relativ großen Gruppe von Staaten mit Bedenken könnte der Vorschlag lauten, die Einfuhr russischen Öls noch bis Herbst oder sogar bis in den Winter zuzulassen. Ursprüngli­cher Plan der Kommission war es nach dpa-Informatio­nen, das neue Sanktionsp­aket Anfang der Woche zu präsentier­en, nun könnte es wegen noch anhaltende­r Abstimmung­en – auch mit Partnern außerhalb der EU – aber noch länger dauern. Als Alternativ­e zu einem Importverb­ot gilt die Einführung von Preisoberg­renzen für Öl aus Russland. Befürworte­r argumentie­ren, dass sie ebenfalls dafür sorgen könnten, dass Russland deutlich weniger Geld mit Energieexp­orten verdient – zugleich dürften aber die Risiken für die europäisch­e Wirtschaft geringer sein.

Voraussetz­ung für einen solchen Plan wäre allerdings, dass von Staaten außerhalb der EU kein russisches Öl zu Preisen oberhalb der Obergrenze­n gekauft wird. Nach Schätzunge­n der Denkfabrik Bruegel wurde in die EU zuletzt täglich russisches Öl im Wert von etwa 450 Millionen Euro importiert.

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BILD: SN/AFP Deutschlan­ds Wirtschaft­sminister Robert Habeck.

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