„Ja, wir sind wieder da!“
Ein Tag der Arbeit wie früher: Die SPÖ verspürt auf dem ersten Maiaufmarsch seit 2019 Rückenwind. Rendi-Wagner will ins Kanzleramt. Und der mächtigste Mann der SPÖ will das auch.
WIEN. Wer die mächtige Wiener SPÖ hinter sich weiß, muss sich an der Spitze der Bundespartei keine allzu großen Sorgen machen. Beim traditionellen Maiaufmarsch der SPÖ am Sonntag in Wien drückte sich diese Unterstützung für SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner nicht nur in Worten, sondern auch in einer symbolträchtigen Geste aus: Kaum hatte Rendi-Wagner auf der Tribüne das Wort ergriffen, setzte Regen ein. Wiens Bürgermeister und SPÖ-Chef Michael Ludwig ergriff daraufhin einen Regenschirm und hielt ihn für den Rest der Rede schützend über die Bundesparteichefin. „Jetzt kann mir wirklich nichts passieren“, sagte Rendi-Wagner hocherfreut. „Der Bürgermeister Seite an Seite mit mir, was gibt es Schöneres?“
Die perfekte Choreografie also, um Harmonie und Einigkeit vor den rund 100.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu demonstrieren, die sich nach zwei Jahren pandemiebedingter Enthaltsamkeit wieder zum großen Hochamt der Sozialdemokratie am Tag der Arbeit vor dem Wiener Rathaus eingefunden hatten. Aus allen Bezirken waren sie schon in aller Früh herbeigeströmt mit Bannern und rote Fahnen schwenkend, begleitet von Blasmusik und Arbeiterliedern und getragen vom neuen
Optimismus, den steigende Umfragewerte der SPÖ bescheren. Die Partei verspürt Rückenwind. Und selbst wenn Rendi-Wagner nicht für alle die perfekte Spitzenkandidatin ist, so ist es offensichtlich, dass es gilt, die Chance, die sich gerade auftut, zu nutzen. Die ÖVP schwächelt und wird von zahlreichen Korruptionsvorwürfen gebeutelt und die derzeitige Themenlage spielt der SPÖ in die Arme: vom Kampf gegen die Teuerung bis zu den Aufräumarbeiten nach der Pandemie.
Rendi-Wagner machte unmissverständlich klar, wo sie hinwill: ins Kanzleramt. „Es ist an der Zeit, unserem Land wieder eine andere Richtung zu geben“, sagte sie. Denn es mache einen Unterschied, wer das Land regiere. „Wenn ihr es nicht könnt“, rief sie in Richtung TürkisGrün, „dann lasst es wenigstens uns machen, die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten“. Ludwig betonte ebenso unmissverständlich: „Wir stehen voll hinter dir!“
Inhaltlich forderte Rendi-Wagner Altbekanntes: die Streichung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, weniger Steuern auf Energie, die Senkung der Lohnsteuer und die Anhebung der Pensionen und des Arbeitslosengelds. Und natürlich Steuern auf Millionenvermögen. Dem hatte Arbeiterkammerpräsidentin Renate Anderl nichts hinzuzufügen: „Ja, wir sind wieder da. Freundschaft!“, gab sie sich in ihrer Rede kämpferisch und wurde bejubelt.