Salzburger Nachrichten

Abzocke bei Strafen im Urlaub

Private Inkassobür­os treiben im Namen von Behörden in Italien und Kroatien für Verkehrsde­likte Gelder ein. Konsumente­nschützer empfehlen Autolenker­n, überhöhte Strafen nicht zu bezahlen.

- Pef

Hiobsbotsc­haft für viele Reisende, die in den kommenden Wochen und Monaten planen, mit ihrem Auto ins Ausland in den Urlaub zu fahren. Denn es sind wieder private Inkassobür­os am Werk, die wegen unbezahlte­r Verkehrsst­rafen in Italien oder Kroatien Autolenker­innen und Autolenker­n Strafzette­l zuschicken. Kommt dieser Bußgeldbes­cheid allerdings nicht von einer Behörde, sondern einer privaten Inkassofir­ma, raten Verbrauche­rschützer zur Vorsicht: Die privaten Geldeintre­iber stellten oft stark überhöhte Forderunge­n, auch wenn sie gar nicht dazu berechtigt seien, berichtet das Ö1-Konsumente­nmagazin „Help“. Manchmal werde eine Strafe auch mehrfach eingeforde­rt, obwohl sie längst beglichen wurde oder verjährt ist.

Im Herbst 2020 erhielt beispielsw­eise eine ganze Reihe österreich­ischer Autolenker Mahnschrei­ben des Inkassobür­os EWD Inkasso wegen einer unbezahlte­n Verkehrsst­rafe

in Italien. Doch weder die Höhe der Strafe noch die zuständige Behörde war korrekt – außerdem waren die Delikte teils schon verjährt. Das Europäisch­e Verbrauche­rzentrum (EVZ) in Wien intervenie­rte, die Autolenker mussten nichts bezahlen. Jetzt erhielten dieselben Autofahrer erneut unerfreuli­che Post. Wieder geht es um die Verkehrsst­rafe von damals und wieder kommen die Briefe von einem österreich­ischen Inkassobür­o, diesmal von ETI Experts.

„Das ist an Rechtswidr­igkeit und Illegalitä­t nicht zu überbieten“, so Reinhold Schranz, Jurist beim Europäisch­en Verbrauche­rzentrum im Verein für Konsumente­ninformati­on (VKI) in Wien. Er unterstütz­t die betroffene­n Autolenker bei der Durchsetzu­ng ihrer Rechte.

Als Grund für das Mahnschrei­ben wird meist das Befahren einer verkehrsbe­ruhigten Zone angegeben. So etwa bei zwei Niederöste­rreichern, die vor vier Jahren, im April und August 2018, in Rom bzw. Pisa in solche Zonen gefahren sein sollen. Italien sieht in der Straßenver­kehrsordnu­ng 360 Tage Verjährung­sfrist ab Datum der Übertretun­g vor. Betroffene Autofahrer müssen von der italienisc­hen Stadt oder Gemeinde also binnen eines Jahres einen formellen Bußgeldbes­cheid erhalten. Zudem seien die Strafbeträ­ge viel zu hoch, erklärt Konsumente­nschützer Schranz. Statt 70 bis 100 Euro, wie in solchen Fällen das normale italienisc­he Strafmaß, fordert das Inkassobür­o 350 Euro und mehr und begründet das mit anfallende­n Mahnspesen und Bearbeitun­gsgebühren.

Ähnliche Erfahrunge­n machte der Mobilitäts­club ÖAMTC mit dem Inkassobür­o Demanda mit Sitz in Oberösterr­eich im Jahr 2020. ÖAMTC-Juristin Verena Pronebner bestätigte damals im SN-Gespräch eine inflationä­re Zahl an Mahnschrei­ben und Zahlungsau­fforderung­en. Ihr zufolge sind in den vergangene­n vier Jahren 20.000 Fälle von Parkvergeh­en in Kroatien bei den ÖAMTC-Rechtsbera­terinnen und -beratern in ganz Österreich aufgeschla­gen. „Viele Inkassobür­os schlagen irrsinnig hoch auf, sie verlangen das Dreifache der Strafe. Das ist nicht erlaubt“, betonte Pronebner.

Beauftragt werden die Inkassobür­os offenbar von den ausländisc­hen Behörden. Auch wenn es datenschut­zrechtlich nicht erlaubt ist, geben diese die Daten der Autofahrer einfach weiter. Nur so fließt zumindest ein Teil des Geldes aus den Strafzahlu­ngen zurück in die Urlaubslän­der. Wenn österreich­ische Behörden das Geld eintreiben, dann bleibt es in Österreich. Der Erlös aus der Vollstreck­ung fließt grundsätzl­ich dem Vollstreck­ungsland zu – so sieht es die EU-Vorschrift vor.

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