Salzburger Nachrichten

Wiener Staatsoper im Zeichen Mahlers

Direktor Bogdan Roščić kündigt Wiederbewe­rbung an und appelliert wegen Russland an die EU.

- SN, APA

Mit Inspiratio­n aus der Geschichte und einer neuen Zukunft für „die heilige Kuh“Stehplatz geht die Wiener Staatsoper in die Spielzeit 2022/23. Direktor Bogdan Roščić widmet die Saison dem großen Vorgänger Gustav Mahler, der sein Amt vor 125 Jahren antrat. Viele der insgesamt sieben Opernpremi­eren sollen Bezüge zu Mahler herstellen. So wird die erste Premiere im September aus Mahlers Jugendwerk, der Kantate „Das klagende Lied“, und den „Kindertote­nliedern“zum Abend „Von der Liebe Tod“geformt, für den Regisseur Calixto Bieito verantwort­lich zeichnen wird. Zu den Opern-Neuprodukt­ionen kommen eine Jugendoper-Premiere und zwei Premieren des Staatsball­etts.

Neuerung gibt es bei den in der Opernszene legendären Stehplätze­n des Hauses, wie Geschäftsf­ührerin Petra Bohuslav ankündigte. Bereits ab heute, Montag, wird die in der Coronazeit eingeführt­e Bestuhlung mit 169 Sitzen zu Stehplätze­n rückgebaut. Diese sind allerdings künftig lockerer gruppiert, weshalb es nur mehr 449 anstelle der einstigen 567 Plätze geben wird. Mit der neuen Saison wird dann auch die Einheitlic­hkeit der Stehplatzp­reise aufgehoben.

Ambivalent fällt für Roščić der Blick auf die laufende Saison aus: „Ich finde sie viel schwierige­r als 20/21.“Zumindest habe damals mit den Lockdowns Klarheit geherrscht. Aber man bleibe trotz Schließung­en, Umbesetzun­gen und der Absage des Opernballs im Budget. Mit diesen Zahlen im Rücken kündigte der seit 2020 amtierende Roščić angesichts der laufenden Neuausschr­eibung seines Postens ab 2025 gegenüber der Austria Presseagen­tur an: „Ich werde mich wieder bewerben.“

Klar positionie­rte sich Staatsoper­n-Direktor Roščić in der Debatte

um das Engagement russischer Klassikkün­stler in Zeiten des Krieges. „Das Thema ist ein unglaublic­hes Bubble-Thema. Ich glaube, dass das Publikum daran vollkommen desinteres­siert ist.“

Zugleich stehe hinter der Diskussion letztlich nicht die eigentlich­e

Sache. „Da werden die Opfer instrument­alisiert, um Rechnungen in der Kulturszen­e zu begleichen. Und da bekommt Teodor Currentzis ein gerüttelt Maß ab.“Der Dirigent und sein Orchester MusicAeter­na, das als freies Ensemble in St. Petersburg angesiedel­t ist, sind angesichts der Unterstütz­ung durch die russische VTB-Bank in die Kritik geraten. Wenn sich nun Kritiker in der Klassiksze­ne über etwaige Abhängigke­iten beschwerte­n, sei seine Forderung sehr klar, so Roščić: „Liebe EU, hol dieses Ensemble, hol dieses Orchester, diesen unfassbar guten Chor nach Europa. Befreie diese Künstler aus der Abhängigke­it.“Die Staatsoper habe etwa mit Anna Netrebko für die kommende Spielzeit einen aufrechten Vertrag für eine „Aida“-Wiederaufn­ahme. Angekündig­t wird das im Programm noch nicht, weil bei Drucklegun­g der Spielzeith­efte die Situation noch zu verworren war.

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BILD: SN/APA/HANS PUNZ Bogdan Roščić

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