Schwere Zeiten für Torjäger Arnautovic
Topstürmer Marko Arnautovic glänzt derzeit in Italien, ob er auch in das System des neuen Teamchefs Ralf Rangnick passt, ist fraglich.
Seit 14 Jahren ist Marko Arnautovic eine feste Größe im österreichischen Fußball-Nationalteam. Der mittlerweile 33-jährige Wiener erzielte in 98 Länderspielen 32 Tore und blüht derzeit bei seinem Verein Bologna richtig auf. Mit seinen 13 Saisontoren, das Spiel gegen den AS Rom war bei Redaktionsschluss noch nicht beendet, hat er maßgeblichen Anteil daran, dass die Norditaliener nichts mit dem Abstieg zu tun haben.
Nach dem Verpassen der Weltmeisterschaft 2022 in Katar hätten viele Fans und Experten erwartet, dass Arnautovic seine internationale Karriere beendet.
Doch der Vollblutstürmer wollte nach der Niederlage in Wales kein klares Statement über seine ÖFB-Zukunft abgeben. „Ich werde mir alles durch den Kopf gehen lassen, ob das noch alles passt.“Die Entscheidung könnte ihm nun der neue Teamchef abnehmen. Dass Arnautovic, der alles andere als ein Pressing-Stürmer ist, unter Ralf Rangnick, der die Gegner gerne mit laufstarken Spielern unter Druck setzen will, eine große Rolle spielen kann, ist zu bezweifeln.
Rangnick braucht für den „RedBull-Fußball“, den er in Salzburg mitentwickelt hat, schnelle und laufstarke Spieler. Da dürften Mainz-Spieler Karim Onisiwo oder Salzburg-Jungstar Junior Adamu bessere Chancen als der Routinier haben. Es wäre eine Überraschung, wenn Rangnick im Nations-LeagueTriple gegen Kroatien, Dänemark und Frankreich im Juni auf Arnautovic im Angriff setzt.
Flexibilität in seiner Arbeitsweise wird der neue Trainer beim größten Stürmertalent Österreichs zeigen müssen. Stuttgart-Torjäger Sasa Kalajdzic gehört die Zukunft, eine Laufmaschine ist aber auch der 24Jährige nicht. Der baumlange Angreifer fühlt sich im gegnerischen Strafraum wohl, ist aber nicht als „Pressing-Monster“bekannt. Trotzdem wird es Rangnick schaffen müssen, einen Spieler dieser Klasse in sein Spielsystem zu integrieren. Wie ihm das gelingt, wird man wohl schon in der Nations League sehen.
Spannend könnte das Wiedersehen mit Martin Hinteregger verlaufen. Der Frankfurt-Legionär hat sich in der Vergangenheit nicht immer positiv über seinen neuen Chef im Nationalteam geäußert. Rangnick wird persönliche Befindlichkeiten aber hintanstellen müssen, denn Hinteregger ist seit Jahren der beste heimische Innenverteidiger. Der 29-Jährige spielte eine überragende Europameisterschaft und ist auch bei seinem Club, nach einem kleinen Tief, wieder in Topform.
Mit einem Dauerthema wird sich auch der neue starke Mann an der Seitenlinie beschäftigen müssen. Welche Position spielt Real-Star David Alaba im ÖFB-Dress? Beim neuen spanischen Meister ist der 29Jährige die meiste Zeit in der Innenverteidigung beheimatet. Hält Rangnick an seiner Linie aus der Vergangenheit fest, dann trifft er bei diesem Thema bereits zu Beginn eine Entscheidung.
Nur mit Gegenliebe darf der Deutsche in Österreich nicht rechnen. Klagenfurt-Trainer Peter Pacult hat die Entscheidung des ÖFB scharf kritisiert. „Es ist enttäuschend und unverständlich, dass es zum dritten Mal in Folge kein Österreicher geworden ist. Andi Herzog muss sich ja verarscht vorkommen, Peter Stöger wurde vertröstet. Wir sind irgendwie die einzige Nation, die nicht auf eigene Trainer setzt.“
Zu Rangnick fand Pacult keine positiven Worte. Er sei „bei sehr vielen Clubs im Streit auseinandergegangen“, sagte der Klagenfurt-Coach, „ehemalige Trainerkollegen können auch nur ein Lied davon singen, als Rangnick deren Sportdirektor war.“Als Trainer habe Rangnick bis auf Ulm „hauptsächlich bei finanzstarken Clubs Erfolg“gehabt. „Komisch finde ich, dass er weiterhin als Berater bei Manchester United tätig sein darf“, sagte Pacult über den derzeitigen Teammanager des englischen Traditionsclubs Manchester United.