Bundesstaatsanwalt oder: Papier ist geduldig Von der Umsetzung ist eine unabhängige Weisungsspitze noch weit entfernt. Warum eigentlich?
Jahrelang war die ÖVP dagegen gewesen, im Februar des Vorjahrs war sie – auch angesichts zahlreicher Vorwürfe gegen eigene Parteigänger – plötzlich dafür: Die Kanzlerpartei schwenkte auf den Kurs der Grünen ein und ist seither auch für die Einrichtung eines unabhängigen Bundesstaatsanwalts.
Diese unabhängige Weisungsspitze soll die Unabhängigkeit der Justiz insofern stärken, als etwa in clamorosen Fällen – also in Fällen, die besonders viel mediale Aufmerksamkeit erregen – die zuständigen Staatsanwälte nicht mehr an die Justizministerin, den Justizminister, sondern an eine politisch neutrale Stelle berichten. Es folgte ein gemeinsamer Ministerratsvortrag, im November legte Justizministerin Alma Zadić (Grüne) einen ersten Zwischenbericht der eigens eingerichteten Arbeitsgruppe dem Parlament vor. Seither herrscht Funkstille.
Warum das Vorhaben nur derart behäbig voranschreite? „Der Bundesstaatsanwalt ist die größte Reform bei den Staatsanwaltschaften seit dem Zweiten Weltkrieg – dementsprechend sorgfältig muss hier gearbeitet werden“, heißt es aus dem Justizministerium. Der nächste Zwischenbericht werde erarbeitet und in zwei, drei Wochen vorliegen.
Bisher liegen folgende Vorschläge auf dem Tisch: Die unabhängige Weisungsspitze soll vom Bundespräsidenten ernannt werden, die Modalitäten für die Ernennung sind aber noch offen. Geplant ist eine längere Amtsdauer – wie lange genau, darauf legten sich die Expertinnen und Experten aber (noch) nicht fest. Klar ist auch, dass es eine parlamentarische Kontrolle geben soll, aber zugleich garantiert sein soll, dass Politikerinnen und Politiker keine Informationen aus laufenden Verfahren erhalten sollen – „mit Ausnahme der bereits geltenden parlamentarischen Kontrollinstrumente“, steht in dem Papier.
Der Ruf nach einer unabhängigen Weisungsspitze ist auch Forderung des Anti-Korruptionsvolksbegehrens, das gerade läuft. Konkret wird eine Bundesstaatsanwaltschaft verlangt, die aus drei Mitgliedern besteht und Fälle wie jenen um den suspendierten Sektionschef Pilnacek verhindern soll.