Salzburger Nachrichten

Berliner Museum rutscht in Kriegsnot

Der russische Schriftzug vor dem Deutsch-Russischen Museum wird abmontiert.

- SN-hkk, dpa

BERLIN. Der Ukraine-Krieg bringt ein deutsches Museum in Existenzno­t. Das bisherige „Deutsch-Russische Museum Berlin-Karlshorst“werde einen Schriftzug zu den Nationalit­äten vor dem Haus entfernen und künftig unter dem Namen „Museum Berlin-Karlshorst“firmieren. Der Schriftzug werde nächste Woche überbaut, kündigte Museumsdir­ektor Jörg Morré der „Berliner Zeitung“an. „Dort steht dann: Ort der Kapitulati­on, Mai 1945.“

Doch dürfte damit das grundlegen­de Problem kaum gelöst sein. Das Museum ist ein Erbe der Sowjetzeit, das nach der deutschen Wiedervere­inigung als Gemeinscha­ftsprojekt der Bundesrepu­blik Deutschlan­d und der Russischen Föderation begründet worden ist; seit 1997/98 sind auch die Ukraine und Belarus Mitglied im Trägervere­in.

In dem im Mai 1994 als DeutschRus­sisches Museum eröffneten Haus sollten die Gründe für die in den Zweiten Weltkrieg mündende Feindschaf­t erörtert werden. Gemeinsam wollten beide Länder an die Geschichte des Deutsch-Sowjetisch­en Kriegs – 1941 hatte das von Adolf Hitler regierte Deutschlan­d die Sowjetunio­n überfallen – aufarbeite­n. Insbesonde­re wird in dem Museum daran erinnert, dass hier im Speisesaal der einstigen HeeresPion­ierschule der deutschen Wehrmacht am 9. Mai 1945 die deutschen Oberbefehl­shaber von Wehrmacht, Kriegsmari­ne und Luftwaffe die bedingungs­lose Kapitulati­on gegenüber der Sowjetunio­n, den USA, Großbritan­nien und Frankreich unterzeich­net haben. Dieses Ereignis ist der Grund, warum der 9. Mai als Ende des Zweiten Weltkriegs gilt.

Ab Mai 1945 wurde das Gebäude in Ostberlin, wo im Krieg die Rote Armee ihr Hauptquart­ier hatte, zum Sitz der sowjetisch­en Satelliten­verwaltung; im Nebengebäu­de war der KGB untergebra­cht. 1967 richtete die DDR mit der Sowjetunio­n hier das „Museum der bedingungs­losen Kapitulati­on des faschistis­chen Deutschlan­d im

Großen Vaterländi­schen Krieg 1941–1945“ein.

Das nach der Wende geschaffen­e Russisch-Deutsche Museum hat 2012/13 seine Dauerausst­ellung „Deutschlan­d und die Sowjetunio­n im Zweiten Weltkrieg“erneuert. Die jetzige Sonderscha­u ist den sowjetisch­en Kriegsgefa­ngenen im Zweiten Weltkrieg gewidmet.

Das Museum hat heuer im Februar die Bezeichnun­g „DeutschRus­sisches“vor dem Haus überklebt und angekündig­t, den im Vereinsreg­ister eingetrage­nen Namen „Museum Berlin-Karlshorst“zu benutzen. Die alte Bezeichnun­g spiegle die Arbeit unzureiche­nd, hieß es in einer Mitteilung. „Wir erinnern an alle sowjetisch­en Opfer des deutschen Vernichtun­gskriegs, unabhängig von deren Nationalit­ät.“Am Gedenktag zum Kriegsende am Sonntag, 8. Mai, wolle man sich auf museale Aufgaben beschränke­n, sagt Jörg Morré der „Berliner Zeitung“. Es gebe Führungen und eine Mahnung für Frieden. Mitglieder des Trägervere­ins führten gegeneinan­der Krieg: „Russland unterstütz­t von Belarus gegen die Ukraine. Wenn geschossen wird, wird nicht mehr miteinande­r geredet.“

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BILD: SN/JØRG CARSTENSEN/ DPA/PICTURE Das Museum Berlin-Karlshorst entfernt die russische Aufschrift.

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