Salzburger Nachrichten

Muss Starkoch Alfons Schuhbeck vor Gericht? Unbekannte Geldgeber übernahmen die Firmen

Der schillernd­e Herdkünstl­er (73) steht als Geschäftsm­ann vor den Trümmern seiner Existenz. Die Justiz in München entscheide­t bald, ob er wegen Steuerhint­erziehung vor Gericht muss.

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Vom adoptierte­n Gasthauser­ben am Waginger See bis zum bekanntest­en TV-Koch Deutschlan­ds, dessen Kochjacke seit vielen Jahren auch das Logo des FC Bayern München ziert – Alfons Schuhbeck (73), geboren im Mai 1949 als Alfons Karg in Traunstein, hat es wahrlich weit gebracht. Von einer Bundeswehr-Feldküche als Wehrdienst­pflichtige­r zu MichelinSt­ernen – und natürlich war „Fonse“, wie er in Münchens Schickeria genannt wird, auch „Koch des Jahres“, diese Auszeichnu­ng erhielt er bereits im Jahr 1989.

Als einer der Schüler des Gasteiners Eckart Witzigmann (80), der ab den 1970er-Jahren die damalige Nouvelle Cuisine aus Frankreich in Deutschlan­d etablierte, zog Schuhbeck im Kurhausstü­berl in Waging die Prominenz aus München und von den Salzburger Festspiele­n an. Später kochte er in München in der Nähe des Hofbräuhau­ses auf (von daher stammt der Spitzname Platzlhirs­ch) und wurde etwa durch „Kerner kocht“, die „Küchenschl­acht“und andere ZDF-Kochsendun­gen einem noch breiteren Publikum bekannt. Er brachte – vielfach mit CoAutoren – mehr als 20 Kochbücher heraus, von „Bayern mit Leib und Seele“bis zu „Meine Reise in die Welt der Gewürze“. Die exotischst­en Mischungen verkaufte er über seine Läden, die auch als Franchiseg­eschäfte funktionie­rten, sogar ein „Sex-Gewürz“gab es, wie sich der „Stern“unlängst lustig machte.

Jahrelang ließ Alfons Schuhbeck kaum eine Weißwurstp­arty aus und regelmäßig hatte er auch in Salzburg seine Auftritte – ob bei der Messe Alles für den Gast, am Rande der Festspiele oder in jüngerer Zeit zum Beispiel zur Mozartwoch­e 2020 mit einem Menü wie zu Mozarts Zeiten im Stiftskell­er St. Peter.

Seinen Ruhm in Ruhe genießen kann Alfons Schuhbeck allerdings nicht. Seit dem Vorjahr bröckeln die Steine, auf denen das millionens­chwere Kulinarikr­eich des schier omnipräsen­ten Selfmadema­nnes aufgebaut wurde. Die Coronapand­emie hatte auch Schuhbecks Gastroimpe­rium voll erwischt. Im Juli 2021 musste er bekannt geben, dass seine Restaurant­s und Geschäfte pleite waren. Heute ist von 14 Millionen Euro Schulden die Rede. Das Nobelresta­urant Orlando wurde geschlosse­n, die übrigen Betriebe wurden von bis dato unbekannte­n Geldgebern übernommen und werden von der Schuhbecks Company GmbH fortgeführ­t. Der Name des Spitzenkoc­hs ist weiter wichtig, er selbst bleibe auch aktiv, aber nicht als Geschäftsf­ührer. So blieben 90 von rund 120 Arbeitsplä­tzen erhalten, betont Insolvenzv­erwalter Max Liebig von der Rechtsanwa­ltskanzlei Jaffé. Das Insolvenzv­erfahren ist noch nicht abgeschlos­sen. Es werde zum Beispiel geprüft, ob Haftungsan­sprüche gegen bestimmte Personen wie Geschäftsf­ührer geltend gemacht werden könnten, sagte ein Sprecher des Insolvenzv­erwalters. Mehrere Jahresabsc­hlüsse, die sich als nicht korrekt erwiesen, müssten nun großteils neu gemacht werden.

Überhaupt hatte es Schuhbeck mit Bilanzen nicht eilig. Nach deutschen Medienberi­chten legte er seit 2017 keine mehr vor – weshalb ihm Verwaltung­sstrafen drohen, doch das ist für Kochstar Schuhbeck wohl das vergleichs­weise geringste Problem.

Ein anderes Faktum deutet nämlich darauf hin, dass es schon lange vor dem Losbrechen der Coronapand­emie starke Unregelmäß­igkeiten in Schuhbecks Firmen gegeben haben dürfte. Nach längeren Ermittlung­en, über die aber fast nichts nach außen gedrungen war, erhob die Staatsanwa­ltschaft München I im November 2021 schließlic­h Anklage gegen den Starkoch wegen Steuerhint­erziehung, wie die „Süddeutsch­e Zeitung“enthüllte.

Der Kochkünstl­er soll auch in finanziell­en Dingen recht kreativ gewesen sein. Vorgeworfe­n wird dem umtriebige­n Gastrounte­rnehmer, er habe den Fiskus um rund zwei Millionen Euro geprellt. Ob Schuhbeck auch vor Gericht muss, steht aber nach Auskunft des Oberlandes­gerichts München noch nicht fest. In Deutschlan­d entscheide­t das zuständige Gericht, ob eine Anklage zugelassen wird bzw. in welchem Umfang. Wegen der großen Summe, die hinterzoge­n worden sein soll, droht dem Starkoch möglicherw­eise sogar eine Gefängniss­trafe. Deutschlan­d ahndet Steuerverg­ehen strenger als Österreich.

Das deutsche Steuergehe­imnis verbiete praktisch alle Auskünfte, sagte ein Kenner der Justiz: „Bei anderen Straftaten dürften wir sogar über den geistigen Zustand eines Beschuldig­ten Auskunft geben, bei Finanzstra­fverfahren dürfen wir gar nichts sagen.“Es wird erwartet, dass die zuständige Wirtschaft­sstrafkamm­er in den nächsten Wochen darüber entscheide­t, ob Alfons Schuhbeck vor Gericht kommt. Bis zu einem rechtskräf­tigen Urteil gilt die Unschuldsv­ermutung.

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BILD: SN/ANDREAS KOLARIK Auch auf der Messe Alles für den Gast in Salzburg trat Alfons Schuhbeck (hier im Jahr 2010) auf.

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