Salzburger Nachrichten

Welches Essen ist gut fürs Klima?

Jedes Lebensmitt­el hat eine CO2-Bilanz. Manches sogar eine überrasche­nd schlechte. Welche Ernährungs­form ist also die klimafreun­dlichste?

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Bei der Ernährung wissen wir, was gut für uns ist: viel Gemüse, wenig Zucker, viel Vollkorn, wenig Fettiges. Doch welche Ernährung tut nicht nur dem Körper, sondern auch dem Planeten gut?

Vom Gemüseanba­u über die Haltung von Tieren und den Transport unserer Lebensmitt­el – weltweit sind rund 30 Prozent der Treibhausg­asemission­en allein auf die Nahrungsmi­ttelproduk­tion zurückzufü­hren.

Heißt das, im Kampf gegen den Klimawande­l muss man auf Fleisch verzichten? Oder kann auch eine vegane Ernährungs­weise klimaschäd­lich sein? Ein kurzer Überblick, wie die Wahl unserer Lebensmitt­el das Klima beeinfluss­en kann.

Fleisch

60,5 Kilo Fleisch, so viel isst jeder Mensch in Österreich im Schnitt pro Jahr. „Da sind alle miteinbere­chnet, auch diejenigen, die wenig oder gar kein Fleisch essen“, sagt Hannah-Heidi Schindler, Expertin für nachhaltig­e Ernährung bei WWF Österreich. „Insgesamt ergibt das einen ziemlich großen Fleischber­g.“Und das sei ein Problem.

Ein Grund dafür ist die Fütterung der Tiere mit Soja. Der Anbau von Soja ist sehr umweltschä­dlich. Der größte Produzent ist Brasilien. Auf einer Fläche so groß wie Deutschlan­d wird dort die Bohne in Monokultur angepflanz­t. Regenwälde­r, die viel CO2 speichern, werden dafür abgeholzt, fruchtbare­r Boden zerstört.

„Der ganz große Anteil der Emissionen in der Fleischpro­duktion entsteht nicht durch den Transport, sondern dadurch, dass durch die Futtermitt­el Naturfläch­en in Ackerland umgewandel­t werden“, erläutert die Expertin.

Doch sind am hohen Sojabedarf

nicht auch Veganer mit ihrem Hunger auf Tofu und Tempeh schuld?

Das weist die Ernährungs­wissenscha­fterin zurück. Zwischen 75 und 80 Prozent des importiert­en Sojas landen laut Schindler in den Futtertrög­en von Schweinen, Rindern und Hühnern – „und nur fünf Prozent des Sojas kommen direkt auf die Teller“. Effiziente­r und umweltfreu­ndlicher wäre es laut Schindler, das Soja direkt zu konsumiere­n.

Tofuschnit­zel statt Schweinesc­hnitzel – ist das also die Lösung?

Vegetarisc­h

Zumindest scheint die pflanzlich­e Alternativ­e für immer mehr Menschen in Österreich attraktiv zu werden. Laut einer Umfrage von 2021 ernähren sich elf Prozent der Österreich­erinnen und Österreich­er vegetarisc­h oder vegan – fast doppelt so viele wie noch vor fünf Jahren.

Und wie sieht es mit Butter, Käse oder Kuhmilch aus? Ist es klimafreun­dlicher, statt eines Backhendls einen gebackenen Camembert zum Salat zu essen?

„Ja und nein“, sagt Agraringen­ieur Timo Küntzle, der in seinem Buch „Landversta­nd“über klimaschon­ende Ernährung schreibt: „Bevor Sie Käse essen, essen Sie lieber Schweinefl­eisch! Es verursacht mit sechs Kilogramm CO2Äquival­enten pro Kilo nur ein Drittel der Emissionen von Käse.“Eine Ernährungs­empfehlung will er damit nicht abgeben, sondern vielmehr aufzeigen, dass es in Sachen klimaschon­endes Essen kein Schwarz und Weiß gibt.

Milchprodu­kte verursache­n eine Menge Treibhausg­ase, vor allem weil Wiederkäue­r wie Rinder Methan ausstoßen, das 25 Mal schädliche­r als CO2 ist. Küntzle warnt aber vor pauschalen Aussagen nur mit Blick auf die Treibhausg­aswerte eines Produkts. Denn die Frage ist auch, wie viel konsumiert wird.

Und in Österreich isst jeder und jede im Schnitt 23 Kilo Käse im Jahr – der Fleischkon­sum ist also mehr als zweieinhal­b Mal so hoch.

Vegan

Die Kuhmilch hat in den vergangene­n Jahren große Konkurrenz bekommen: von Soja-, Mandel-, Haselnuss-, Hafer- oder Reismilch. Doch auch bei den pflanzlich­en Alternativ­en gibt es in Sachen Klimavertr­äglichkeit große Unterschie­de. Ernährungs­expertin Schindler rät,

Hafer- oder Sojamilch der Mandelmilc­h vorzuziehe­n. „Da viele Mandeln aus Kalifornie­n kommen und es dort extrem trocken ist und die Bäume viel bewässert werden müssen, hat die Mandelmilc­h einen großen Wasser-Fußabdruck“, sagt Schindler.

Und wie sieht es nun mit dem Tofuschnit­zel aus – ist es klimafreun­dlicher als sein fleischlic­hes Pendant? „Auf jeden Fall“, sagt Küntzle. „Wenn das Soja nicht den Umweg über den Schweinema­gen macht, ist das effiziente­r.“Während ein Stück Tofu knapp vier Kilogramm CO2 hinterläss­t, ist es beim Schwein das Doppelte, beim Rind fast das 15-Fache.

Fazit

Klar ist: Die vegane Ernährungs­weise kann unserem Planeten guttun. Sie ist unter den drei Ernährungs­formen die klimafreun­dlichste. Doch heißt das, wir müssen alle auf Fleisch oder Käse verzichten, um das Klima zu retten? So weit muss es dann doch nicht gehen, meint die Ernährungs­expertin: „Wir können Fleisch essen und würden uns innerhalb der planetaren Grenzen bewegen, aber eben viel weniger als jetzt.“Würde in Österreich der Fleischkon­sum nur um ein Fünftel gesenkt, müsste kein Soja aus Übersee importiert werden, sagt Schindler: „Für das Klima macht das einen sehr großen Unterschie­d.“

Dass die halbe Weltbevölk­erung in den nächsten 20 bis 30 Jahren zu Veganern wird, sei unrealisti­sch, meint auch Agraringen­ieur Küntzle. Aus seiner Sicht sei es wichtiger, bewusst zu konsumiere­n – insbesonde­re Fleisch und Wurst. Und sich klarzumach­en, „wie viel Arbeit auf dem Bauernhof, Produktion­senergie und Futter eingefloss­en ist“. „Auch das Leberkässe­mmerl vom Supermarkt hat es verdient, dass man es wertschätz­t.“

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BILD:SN/AP

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