Die Autorin wechselt hinter die Kulissen
Beim Literaturfest Salzburg tritt Schriftstellerin Teresa Präauer nicht auf, sondern plante als Co-Kuratorin mit Josef Kirchner das Programm.
SALZBURG. Teresa Präauer gehört seit ihrem Debüt „Für den Herrscher aus Übersee“, das vor zehn Jahren erschienen ist, zu den aufregenden und vielfach ausgezeichneten deutschsprachigen Schriftstellerinnen. Bei der 14. Ausgabe des Literaturfests Salzburg agiert sie nun erstmals als Mitgestalterin des Programms.
SN: Frau Präauer, Sie sind in diesem Jahr Co-Programmleiterin neben Josef Kirchner. Wie kann man sich die Zusammenarbeit vorstellen?
Präauer: Jeder bringt Ideen ein, wir telefonieren viel und senden einander Hunderte E-Mails und SMS. Josef Kirchner ist vor Ort, ich reise an. Manche Veranstaltungen sind aus der Gemeinsamkeit entstanden, manche hat entweder Josef oder hab ich programmiert. Josef Kirchner ist sehr gut vernetzt in der Stadt und hat viel Erfahrung mit dem Veranstalten: Das Kinoprogramm beispielsweise trägt seine Handschrift, aber auch der Vorschlag, den britischen Journalisten Paul Mason einzuladen. „Klare, lichte Zukunft“heißt dessen Verteidigungsschrift für den Humanismus. Das wünschen wir uns wohl gerade alle: eine klare, lichte Zukunft.
SN: An der weltpolitischen Lage kommt auch das Literaturfest nicht vorbei: Wird denn der ukrainische Lyriker und Musiker Grigory Semenchuk anreisen können?
Grigory Semenchuk darf, wie alle Männer zwischen 18 und 60 Jahren, nicht mehr ausreisen. Seine Einladung ist ja viel früher geplant gewesen, auch dank der Lyrikerin Ulrike Almut Sandig, die seit Jahren mit ihm zusammenarbeitet. Sie wird Grigorys Beitrag vorstellen, den er in einem Bunker produziert hat. Live wird er zugeschaltet ins neue Festzentrum „Literaturwürfel“.
SN: Was macht, auch wenn Sie selber auftreten, ein gutes Festival aus?
Gute Vorbereitung für größtmögliche Lockerheit in der Durchführung. Schön ist, wenn sich dabei Leute kennenlernen und aufeinandertreffen, die sich vorher noch nicht gekannt haben. Auch fürs Publikum ist es eine Möglichkeit, in großer Dichte und an mehreren Orten unterschiedliche Künstlerinnen und Künstler zu erleben und vielleicht etwas zu entdecken, das man nicht erwartet hat. Ich freue mich darauf, wenn bei der Matinee „Vom Alleinsein“Autor Daniel Schreiber auf den Psychoanalytiker Marcus Coelen und die Publizistin Shelly Kupferberg trifft. Das möchte ich gehört und gesehen haben! Ich selbst wünsche mir für solche Veranstaltungen etwas, das man zwischen neugierigem Anspruch und denkfreudiger Unterhaltung ansiedeln könnte.
SN: Inwieweit ließ sich das in Salzburg umsetzen?
Es gibt da einerseits die jahrelange Vorarbeit und Verankerung des Literaturfests durch Christa Gürtler mit Klaus Seufer-Wasserthal und Jochen Jung. Ein Jahr arbeitete Valerie Besl mit, zwei Robert Prosser. Produktionsleitung und Organisation machen Nadine Samija und Susanne Tiefenbacher, außerdem die Verantwortlichen für Presse, Grafik, Website und Social Media und vieles mehr. Ich müsste alle Namen nennen können! Das Team ist sehr leidenschaftlich, alle arbeiten sehr, sehr viel mehr, als es der Stundenlohn abbildet. Als Schriftstellerin blicke ich jetzt hinter die Kulissen, sehe den enormen Aufwand in der Planung und wünsche mir nun ein großes und vorfreudiges Publikum.
SN: Sie wuchsen unter anderem im Pongau auf, haben in Salzburg studiert. Wie erlebten Sie Ende der 90er als Studentin die Salzburger Kulturszene? Wie sehen Sie das heute?
Es gibt in Salzburg viele, die schreiben oder in der bildenden Kunst arbeiten, eine lebendige Kulturszene – große Aufmerksamkeit ziehen dabei allerdings nur wenige Orte, Namen und Festivals auf sich. Ich habe als junge Künstlerin sehr bedauert, dass es zu wenige Orte gab und sehr wenig Wahrnehmung oder auch mediale Resonanz für die, die gerade am Anfang stehen. Diese Leute bräuchten wohl auch heute mehr Möglichkeiten, ihre Arbeit zu zeigen. Die Stadt könnte Talente schneller erkennen, früher fördern und stärker an Salzburg binden, wenn sie einmal weiterziehen, vielleicht eine Art Alumni-System etablieren mit Einladungen zu Austausch und Veranstaltungen unterm Jahr. Ich würde mir auch für diese Zeitung eine Serie wünschen, in der junge Künstler, Autorinnen, Musiker und so weiter regelmäßig vorgestellt werden. Ein Blick ins Atelier! Später, wenn man Erfolg hat, wollen es nämlich alle immer schon gewusst haben. In diesem Sinne: Auch beim Literaturfest gibt es unbekannte Schätze zu heben.
Festival: Literaturfest Salzburg, 18. bis 22. Mai. Programm: www.literaturfest-salzburg.at.
Eröffnet wird heute, Mittwoch, in der Szene Salzburg mit Lesungen und Gerald Votava, der NöstlingerTexte vertonte. Erstmals gibt es im Kurgarten beim Schloss Mirabell heuer ein Festzentrum.