ÖFB-Trio träumt von diesen
In allen drei Europacup-Finalspielen sind Österreicher mit von der Partie. Den Auftakt macht am Mittwoch Oliver Glasner, der in Frankfurt einen noch nie da gewesenen Fußball-Hype entfacht hat.
In fast allen europäischen Fußball-Ligen sind die Titelentscheidungen gefallen, in den drei UEFA-Clubbewerben werden die Trophäen diese und nächste Woche vergeben. Spannend und sporthistorisch aus österreichischer Sicht: In allen drei Europacup-Finalspielen mischt ein ÖFB-Vertreter mit – David Alaba (Real Madrid) in der Champions League, Trainer Oliver Glasner (Eintracht Frankfurt) in der Europa League und Gernot Trauner (Feyenoord Rotterdam) in der neu geschaffenen Europa Conference League.
Die SN haben die Ausgangslage vor dem ersten Finalduell am Mittwoch betrachtet:
Nach 1960 und 1980 bestreitet Eintracht Frankfurt zum dritten Mal in der Vereinsgeschichte ein Europacup-Finale. Auf dem Weg nach Sevilla haben die Hessen viele Sympathien gewonnen – und das haben sie nicht zuletzt auch ihrem Trainer Oliver Glasner zu verdanken. Der ehemalige Red-Bull-Coach (Assistent von Roger Schmidt 2012 bis 2014) ist der erste österreichische Trainer seit Ernst Dokupil 1996 in einem Europacup-Endspiel. Dokupil führte damals Rapid ins Finale
des Cups der Cupsieger, unterlag dort aber Paris Saint-Germain 0:1. Mit einem ausländischen Club bestritt seit Ernst Happels Meistercup-Triumph 1983 mit dem Hamburger SV kein ÖFB-Coach mehr ein internationales Finale.
Glasner hat in Frankfurt im Laufe der EuropaLeague-Kampagne einen noch nie da gewesenen Fußball-Hype entfacht. Mehr als 100.000 Ticketanfragen, 50.000 Fans im Finalort und eine ganze Stadt im Ausnahmezustand: Die Euphorie um die Eintracht hat vor dem „Jahrhundertspiel“gegen die Glasgow Rangers eine neue Dimension erreicht und auch weite Teile des Landes erfasst. „Gefühlt drückt uns ganz Deutschland die Daumen, das gibt zusätzliche Energie“, sagte Glasner vor dem Showdown mit dem schottischen Vizemeister.
„Das ist das Spiel des Jahrhunderts für die Stadt Frankfurt und den Verein“, befand der frühere Eintracht-Torjäger Alexander Meier, der in der Mainmetropole Kultstatus genießt. 42 Jahre nach dem Triumph im UEFA-Pokal will die aktuelle Generation in die großen Fußstapfen von Vereinslegenden wie Jürgen Grabowski, Bernd Hölzenbein und Karl-Heinz Körbel treten. „Dieses Finale ist schon etwas Außergewöhnliches. Wir wollen die Grenze noch einmal verschieben und natürlich den Titel holen“, sagte Frankfurts Vorstandssprecher
Axel Hellmann. Ein Sieg würde zugleich die erstmalige Qualifikation für die Champions League bedeuten – und den 123 Jahre alten Traditionsverein sportlich und finanziell auf ein völlig neues Level katapultieren. „Es ist krass, dass du im Finale stehst und mit dem EuropaLeague-Sieg in die Königsklasse kommen kannst. Das ist ein extremes Denken“, sagte Sportvorstand Markus Krösche.
Es wäre die vorläufige Krönung einer stetigen Entwicklung in den vergangenen Jahren seit der 2016 gegen den 1. FC Nürnberg mit Ach und Krach bestandenen Bundesliga-Relegation. Es folgten 2017 das knapp verlorene Pokalfinale gegen Dortmund, 2018 der Pokalsieg gegen Bayern München, 2019 der Einzug ins Europa-LeagueHalbfinale, 2020 der Vorstoß ins Pokal-Halbfinale und jetzt das Endspiel auf Europas großer Fußballbühne. „Nur der FC Bayern war in dieser Zeit erfolgreicher – und die spielen bekanntlich außer Konkurrenz“, stellte Hellmann fest.
Nun soll in Sevilla der formschöne Silberpott her.
„Es geht darum, unseren
Spirit auf den Platz zu bekommen, mit aller Begeisterung und Leidenschaft.
Ich möchte EintrachtFrankfurt-Fußball sehen, so wie gegen West Ham United und Barcelona“, betonte Glasner. „Wenn uns das gelingt, bin ich zuversichtlich, dass es einen positiven Ausgang geben wird.“
Nicht mithelfen können dabei die ÖFB-Legionäre im Eintracht-Trikot, Martin Hinteregger und Stefan Ilsanker. Hinteregger fehlt im Endspiel wegen seiner im Halbfinale erlittenen Oberschenkelverletzung, Ilsanker steht gar nicht erst im Europa-LeagueKader, den Glasner im Februar für die K.-o.-Phase nominiert hatte.
AS Roma – Feyenoord Rotterdam
Eine Woche später wird im Nationalstadion von Tirana erstmals die Trophäe in der neuen Conference League vergeben. Mittendrin: der 30-jährige Oberösterreicher Gernot Trauner, der vor dieser Saison den LASK für sein erstes Auslandsabenteuer in Richtung Feyenoord Rotterdam verlassen hat. Weitaus klingender ist der Name seines Gegenübers: AS Roma mit José Mourinho auf der Trainerbank. Allerdings hat die Roma noch nie einen Europacup-Titel gewinnen können. Die beiden bisherigen Endspiele verloren die Römer (1984 gegen Liverpool, 1991 gegen Inter Mailand). Feyenoord hingegen stand bislang drei Mal in Europapokal-Endspielen – und gewann alle drei (1970 gegen Celtic Glasgow, 1974 gegen Tottenham Hotspur und 2002 gegen Borussia Dortmund).
Derzeit laboriert der von transfermarkt.at auf vier Millionen Euro taxierte Trauner an einer Muskelverletzung, die Finalteilnahme des Innenverteidigers in Tirana soll niederländischen Medienberichten zufolge aber nicht in Gefahr sein.
Liverpool – Real Madrid
Die wichtigste und vom zeitlichen Ablauf letzte UEFA-Trophäe dieser Saison spielen Liverpool und Real Madrid aus. Ein mehr als würdiges Champions-League-Finale, in dem ein außergewöhnlicher Fußballabend zu erwarten ist.
Und vielleicht streckt am Ende ja sogar David Alaba, der nach seinen Adduktorenbeschwerden zuletzt wieder im Mannschaftstraining stand, den hässlichen und dennoch so begehrten Henkelpokal in den Pariser Nachthimmel. Der 29-jährige ÖFB-Star hat nach seinem Wechsel zu Real Madrid da weitergemacht, wo er bei seinem Ex-Club aufgehört hat. Spanischer Meister ist Alaba bereits, nun soll die Krönung mit dem Champions-LeagueTitel folgen. Das wäre – im Gegensatz zu Glasner und Trauner – kein Neuland für den Wiener. 2013 und 2020 gewann der erfolgreichste Kicker der österreichischen Fußballgeschichte die Königsklasse mit dem FC Bayern. Von der nächsten Trophäe trennen Alaba nur mehr 90 (oder 120) Minuten.