Salzburger Nachrichten

Zurück in Ibiza – ohne Getränk und Reue

Warum die Puls-24-Strache-Doku einen schalen Beigeschma­ck hinterläss­t.

- Konstantin Schätz KONSTANTIN.SCHAETZ@SN.AT

Völlig fassungslo­s läuft Heinz-Christian Strache auf und ab. Ihm käme alles heute viel kleiner vor als noch vor drei Jahren, betont er immer wieder. Auch die Journalist­in Corinna Milborn ist irritiert, dass der ehemalige FPÖPolitik­er damals denken konnte, dies könnte eine Villa sein, die eine russische Oligarchin anmieten würde. Das feuchte Klima hat der aus dem Ibiza-Video bekannten Villa zugesetzt, die Zimmer sind unscheinba­r und stickig und die Einrichtun­g ist eher praktisch als elegant.

Für die Puls-24-Produktion „Herr Strache fährt nach Ibiza – Zurück zum Ende“, die am Dienstag um 20.15 Uhr bei dem Privatsend­er zu sehen war, reiste Corinna Milborn zu der Villa auf der Ferieninse­l Ibiza. Es ist jener Ort, an dem der „Fall des ehemaligen Vizekanzle­rs HC Strache seinen Ausgang genommen“hat, sagt sie. Mit in der Villa ist der umstritten­e ExFPÖler und ehemalige Vizekanzle­r selbst, den sie drei Jahre nach dem Ereignis zu dem IbizaVideo und den Folgen interviewt.

Für ihn sei es eine Aufarbeitu­ng jener Ereignisse, die ihn damals sein Amt und seine Position als Parteivors­itzender der rechtspopu­listischen FPÖ kosteten. Für das Gespräch nimmt er auf jener Couch Platz, auf der er saß, als er vor versteckte­n Kameras darüber sprach, wie man Gelder am Rechnungsh­of vorbei an die FPÖ spenden und die österreich­ische Medienland­schaft umbauen könne – „zack, zack, zack“.

Immer wieder wird Strache dabei ein Interview mit Julian Hessenthal­er gezeigt, das der Puls-24-Chefredakt­eur Stefan Kaltenbrun­ner geführt hat. Hessenthal­er fädelte damals die „Videofalle“ein, die Strache und seinen Parteikoll­egen, den ehemaligen FPÖ-Politiker Johann Gudenus, in Bedrängnis brachte. Das Interview mit Hessenthal­er zeigt, vor welchen Herausford­erungen der Detektiv stand, als er das siebenstün­dige Treffen vorbereite­te und mit welchen Erwartunge­n er die Mission begann.

In dem 50-minütigen Format hat Strache immer wieder Zeit, sich als Opfer eines – wie er es beschreibt – politische­n „Attentats“darzustell­en. Und diese nutzt er auf theatralis­che Weise. Er sei froh, dass es nur so „gelinde kriminelle Methoden“gewesen seien, mit denen man den Anschlag verübte, dass er noch lebe und mit seinen „Kindern spielen kann“, hört man ihn im Interview sagen.

Auch auf die gut recherchie­rten und kritischen Fragen Milborns zum Inhalt des IbizaVideo­s hat Strache eine klare Antwort: Es sei aus dem Kontext gerissen. Trotz des hohen Informatio­nsgehalts und der journalist­ischen Qualität des Interviews bleibt ein fader Beigeschma­ck. Denn trotz der Einordnung könnte man den Eindruck gewinnen, dass Strache das „Opfer“der Ibiza-Affäre ist – das aber war er bestimmt nicht.

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