Gewerbebau wird zum Paradies für Insekten
Auf dem neuen Zentrallager des Raiffeisenverbands für die Salzburger Lagerhäuser wird ein Biodiversitätsdach errichtet.
BERGHEIM. Grünflächen sind derzeit auf dem Areal des Raiffeisenverbands Salzburg (RVS) im Gewerbegebiet an der Metzgerstraße in Bergheim dünn gesät. Mit dem teilweisen Neubau des zentralen Auslieferungslagers für die 37 Lagerhäuser im Bundesland wird sich das ändern. Läuft alles nach Plan, wird dort im nächsten Jahr ein Biodiversitätsdach in der Größe eines Fußballfelds Vögel und Insekten anlocken und ihnen Lebensraum bieten. Außerdem sind auf dem Gelände mehrere Grünbereiche geplant, die ausschließlich mit heimischen Sträuchern, Bäumen, Gräsern, Kräutern und Blumen bepflanzt werden. Vorgesehen ist auch ein begrünter Verweilbereich für die Mitarbeiter. Im Zentrum wird eine Sommerlinde gepflanzt.
Salzburgs Vizebürgermeisterin Barbara Unterkofler (ÖVP) spricht von einem Vorzeigeprojekt. „Ein Unterfangen wie dieses hat es im Gewerbebau bisher noch nicht gegeben.“Im Gegenzug für die Änderung des Bebauungsplans, die dem Raiffeisenverband eine um zwei Drittel höhere Baudichte ermöglicht, hatte Unterkofler eine Begrünung des Dachs und die Schaffung von neuen begrünten Freiflächen gefordert. „Ich bin im Raiffeisenverband sofort auf offene Ohren gestoßen“, sagt sie.
Der jetzige Zustand des Zentrallagers entspreche nicht dem Anspruch des Raiffeisenverbands, sagt Andreas Derndorfer, der in der Geschäftsleitung für die Unternehmenssteuerung zuständig ist. Weder bei den Arbeitsabläufen für die Mitarbeiter noch beim optischen Auftritt und bei der Nachhaltigkeit. „Wir sind froh, dass uns die Stadt ermuntert hat, in Richtung Biodiversität zu denken.“Der Verband arbeite seit seiner Gründung 1905 nachhaltig und wolle nun auch angesichts des Klimawandels seinen Beitrag leisten.
Konkret geht es um den Neubau einer Halle, die zugleich als verbindender Baukörper zwischen den beiden bestehenden Lagerhallen dienen wird. Die veraltete Halle aus den 1960er-Jahren, die früher als Schlachthof diente, wurde bereits abgetragen. Die 6500 große Dachfläche der neuen Halle wird zum Biodiversitätsdach. Zugleich werden die bisherigen Freilagerflächen überdacht. Auf diesen zusätzlichen 6200 Quadratmetern wird eine Photovoltaikanlage errichtet. Außerdem werden die asphaltierten Flächen auf das betrieblich erforderliche Mindestmaß reduziert. „Wir werden insgesamt die Fläche eines Fußballfelds entsiegeln“, kündigt Derndorfer an. Unter anderem wird jeder fünfte Stellplatz entsiegelt, begrünt und mit einem Baum bepflanzt. Für das Biodiversitätsdach und die PV-Anlage entstehen dem Raiffeisenverband Mehrkosten in Höhe von 1,1 Mill. Euro. Die Gesamtkosten für das Bauvorhaben sind mit 20 Mill. Euro veranschlagt.
Mit der Planung des Biodiversitätsdachs und der Freiflächen wurde das Salzburger Unternehmen Landschafts- und Freiraumplanung Erlmoser beauftragt. Auf dem Dach werden heimische Blüh- und Magerpflanzen gedeihen. „Um die Attraktivität des Lebensraums für Insekten und Vögel zu erhöhen, werden verschiedene Strukturen geschaffen“, kündigt Lagerhaus-Chefin Anna Doblhofer-Bachleitner an. Als Bruthabitat für Wildbienen sind auch Sandbereiche und Lehmflächen vorgesehen. Dazu kommen Kiesbereiche, Steinhaufen sowie Wurzelstöcke und Totholz von unterschiedlichen Baumarten. Als Vogeltränke werden Mulden aus Ton fungieren. Es sei auch angedacht, auf dem Gelände am Boden Bienenstöcke aufzustellen, sagt Doblhofer-Bachleitner. Mithilfe eines Livestreams soll das Leben der Insekten auf dem Dach sichtbar gemacht werden. Besucher sind auf dem Dach in 14 Metern Höhe nicht möglich.
Der Bau der Halle soll Mitte Juni starten. Die Fertigstellung ist zu Weihnachten geplant. Im Sommer 2023 soll das Gründach fertig sein. Auch beim Bau des neuen Nahversorgungszentrums in Salzburg-Itzling sei Gebäudebegrünung ein Thema, betont Dernhofer. Schritt für Schritt würden zudem die Lagerhäuser mit PV-Anlagen ausgestattet.
„Wir werden das Leben der Insekten auf dem Dach sichtbar machen.“A. Doblhofer-Bachleitner, RVS