Sportprofis im Polizeidienst
Was, wenn die sportliche Laufbahn ins Stocken gerät oder endet? Die Polizeiausbildung ist für 80 Profis die Basis des Erfolgs. Sie sichert sozial ab und bietet eine Karriere nach der Karriere.
SALZBURG. Am Donnerstag ist Abschlussprüfung, gefolgt vom letzten Praktikum, und dann wird Mirjam Puchner mit Frau Inspektor angesprochen. „Ein bisschen nervös bin ich schon, aber es wird schon klappen“, sagt die Gewinnerin der olympischen Silbermedaille im Super G. Puchner ist eine von 20 Sportlerinnen und Sportlern, die nach fünf Jahren ihre Polizeiausbildung beenden. Mit Conny Hütter, Tamara Tippler, Ramona Siebenhofer und Nadine Fest drückte das halbe ÖSVSpeedteam in den vergangenen Wochen in Salzburg gemeinsam die Schulbank.
80 Planstellen, wovon aktuell 68 besetzt sind, bietet das Innenministerium an, um Spitzensport und Berufsausbildung unter einen Hut zu bringen. Rund 70 Profis bewerben sich jährlich, maximal 15 werden aufgenommen. Um Training und Wettkämpfe optimal zu gewährleisten, wird die reguläre Grundausbildung von zwei auf fünf Jahre gestreckt. Geschenkt wird ihnen nichts, wie Spitzensportkoordinator Reinfried Herbst erklärt. „Im Frühjahr und im Herbst sind, je nach unterschiedlicher sportlicher Saisonplanung für Sommer- und Wintersportler, ein Monat Schule und in etwa dieselbe Zeit Praxisausbildung“, sagt Herbst.
Für Puchner und Co. ist die polizeiliche Ausbildung weit mehr als eine willkommene Abwechslung zum sportlichen Alltag. „Für die meisten ist es eine soziale Absicherung während der Karriere. Wir lassen niemanden fallen, wenn sich jemand verletzt oder in ein sportliches Tief rutscht. Dieser Rückhalt ist für die Sportler aus psychologischer Sicht extrem wichtig“, sagt Herbst, der einst als Spitzensportler selbst vom Polizeidienst profitiert hatte. Aktuell bestes Beispiel ist Olympiasieger Johannes Strolz, der aus allen ÖSV-Kadern geflogen war und nun mit drei Medaillen in Peking ein wahres Märchen geschrieben hat.
Auch Puchner, die sich parallel dazu auch in der Endphase ihres Sportmanagement-Studiums befindet, spricht dabei aus eigener Erfahrung. Als sie die Ausbildung für den Polizeidienst startete, begann 2017 ihre Leidenszeit infolge der schweren Unterschenkelverletzung. Lange war nicht klar, ob sie es noch einmal in die Weltspitze schafft. „In dieser Zeit zu wissen, dass man ein berufliches Standbein hat, ist Gold wert.“Außerdem werden Absolventen während ihrer sportlichen Profilaufbahn vom Dienst freigestellt. Snowboarder Andreas Prommegger etwa betonte stets, dass er sonst seine Karriere womöglich schon beendet hätte.
Die meisten Profis sehen bei der Polizei ihre Herausforderung und Chance auf die Karriere nach der Karriere. „Mit dem Ehrgeiz und der Disziplin, die im Spitzensport ja unabdingbar ist, stehen ihnen auf der Karriereleiter im Polizeidienst alle Türen offen. Einige Ex-Sportler bekleiden schon sehr hohe Positionen“, erklärt Herbst. Das Spektrum reicht vom Kriminaldienst, der Observation und Spurensicherung bis zum Cybercrime und der Terrorismusbekämpfung. Frau Inspektor Puchner wird man vorerst auf der Streife begegnen. Auf der Dienststelle Anif tritt sie ihre Praxis an.