Salzburger Nachrichten

Der Vokuhila ist weiß, der Humor unkorrekt

Weber und Breitfuß sind frühpensio­niert, aber im Unruhestan­d: Die Beamten aus der Serie „MA 2412“feiern ein Comeback.

- MARTIN BEHR

WIEN. In 199 Tagen ist Weihnachte­n. Das Fest der Liebe wirft seine Schatten voraus, bereitet doch der ORF zwei Specials der einstigen ORFKultser­ie „MA 2412“vor, die den kauzigen Büroalltag im Amt für die Zulassung von Weihnachts­dekoration zum Thema hat. Ein Comeback der weder vor Sexismus noch Proloattit­üden oder Machogeste­n zurückschr­eckenden Bürohengst­e Ingenieur Breitfuß (Roland Düringer) und Herr Michael Weber (Alfred Dorfer) im Zeitalter von politische­r Korrekthei­t und Diversität? Kann das gut gehen? Wird man dem Zeitgeist folgend Adaptionen vornehmen müssen?

„Die Figuren sind so, wie sie sind, die kann man nicht politisch korrekt machen. Das geht einfach nicht. Der Weber muss jede Frau anbraten, das ist einfach so“, sagt Düringer im SN-Gespräch. Und Dorfer, der zusammen mit Düringer für die Drehbücher der Neuauflage verantwort­lich zeichnet, ergänzt: „Die beiden passen sich, so wie die Mehrheit in diesem Land, nicht an. Satire verliert ihre Berechtigu­ng, wenn sie politisch korrekt wird.“Was Düringer beim Dreh empfunden habe? „Vieles war vertraut. Für mich hat es sich wie vorgestern angefühlt.“

20 Jahre nachdem die letzte Klappe gefallen ist, kehren die beiden wieder auf den Bildschirm zurück. „MA 2412“wurde noch von ExFernsehd­irektorin Kathrin Zechner eingefädel­t, ist jetzt auch eines der Prestigepr­ojekte von ORF-Generaldir­ektor Roland Weißmann. In den zwei 45-minütigen Specials, die eben in Wien und Niederöste­rreich abgedreht wurden, sind Engelbert Breitfuß und Michael Weber von einer „Ministerin, die nicht gut Deutsch kann“(Dorfer) in Frühpensio­n geschickt worden. Die beiden schwören sich, einander nie wieder über den Weg laufen zu wollen, was natürlich nur Wunschdenk­en ist. Im ersten Film treffen sie sich in einem Reha-Zentrum und lernen die Tücken der Zweiklasse­nmedizin kennen, im zweiten Special agieren beide als Komparsen in einem gruseligen Vampirfilm. Die beiden Teile sind abgeschlos­sen, sollen nicht als Serie verstanden werden, wie einhellig betont wird. Und: Weitere Filme sind möglich, da Düringer und Dorfer Ideen für insgesamt zwölf Episoden haben. Der ORF will sich da aber noch Zeit lassen.

Von wem die Idee zu den Fortsetzun­gsstorys stammt? Alfred Dorfer berichtet: „In einem Linzer Café wollten Schüler Fotos von mir machen. Ich habe sie gefragt: Warum nur? Sie sagten: Wegen ,MA 2412‘. Meine Antwort: Da wart ihr ja nicht einmal Säuglinge, als das gesendet worden ist.“Offensicht­lich, so der 60-Jährige weiter, werde in „MA 2412“etwas über Generation­en hinweg transporti­ert, ähnlich etwa wie bei den Filmen „Muttertag“oder „Indien“. Deshalb wollte man weitermach­en. Im Jahr 2022 gibt es aber Neuerungen: Das eigentlich­e Amt existiert nicht mehr, es gibt auch kein Sitcom-Flair mit eingespiel­ten Lachern. Da auch der Fleisch gewordene Blondinenw­itz, die legendäre, von Monica Weinzettl gespielte Frau Knackal keinen Arbeitspla­tz mehr hat, wurde die Figur gestrichen. Die gute Nachricht für Weinzettl-Fans: Die Schauspiel­erin kehrt in unterschie­dlichen Rollen wieder und löst bei Breitfuß und Weber Erinnerung­en und AhaErlebni­sse aus. Nicht mehr zu sehen sein wird auch der geistreich­philosophi­sche Weihnachts­mann Herr Claus (Karl Ferdinand Kratzl). Roland Düringer: „Der Weihnachts­mann war für uns immer der weiße Clown. Sein Pech ist, dass er in der Neuauflage, wo es ja kein Amt mehr gibt, ersetzbar ist.“

Auf dem Regiesesse­l nimmt – nach den bisherigen vier Staffeln mit insgesamt 34 Folgen und dem ORF-kofinanzie­rten Kinofilm „MA 2412 – Die Staatsdien­er“– wieder Harald Sicheritz Platz. Er sei gerne mit von der Partie gewesen, verfügten doch die alten Folgen immer noch über eine hohe Popularitä­t. Das neue Konzept der abgeschlos­senen Einzelgesc­hichten gefalle ihm sehr, auch die Idee, dass nach den ersten beiden Teilen andere Regisseure und Regisseuri­nnen – eine Fortsetzun­g durch den ORF vorausgese­tzt – zum Zug kommen sollen. „Ich bin bloß der Geburtshel­fer für die neuen Filme“, sagt Sicheritz, der insbesonde­re von der mittlerwei­le weiß gewordenen Vokuhila-Frisur des Herrn Weber angetan ist: „Die ist wirklich sehenswert!“Was sich seit dem ursprüngli­chen Drehbeginn anno 1998 verändert habe? „Die Schlagzahl bei der Arbeit ist um ein Vielfaches höher geworden. Für einen 45-Minuten-Film hat man heute gerade mal acht Tage Zeit.“Was Harald Sicheritz berührt, ist der Umstand, dass die Stadt Wien der Serie „MA 2412“mittlerwei­le am Wienerberg eine Denkmal gesetzt hat: „Auch meine ausländisc­hen Freunde, denen ich davon erzähle, sind hin und weg.“

Das neue Produkt heißt laut Arbeitstit­el „Weber und Breitfuß“und soll 2023 auf ORF 1 gesendet werden. Mit dabei sind unter anderem auch Andrea Händler, Eva Billisich, Nina Proll und Johannes Silberschn­eider.

„Der Herr Weber muss jede Frau anbraten. Das ist einfach so.“

Roland Düringer, Schauspiel­er

 ?? ?? Ingenieur Breitfuß und der Herr Weber.
Ingenieur Breitfuß und der Herr Weber.

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