Salzburger Nachrichten

Das Auto wird zum Symbol für die Energiewen­de

Das Auslaufen des Verbrennun­gsmotors ist eingeläute­t. Das zeigt, wie ernst es den Europäern mit der Energiewen­de ist.

- Sylvia Wörgetter SYLVIA.WOERGETTER@SN.AT

Der Klimawande­l hat die Erde auf bedrohlich­e Weise verändert. Der Kampf gegen die weitere Aufheizung der Atmosphäre wird auch unsere Lebenswelt­en verändern – schneller, als den meisten bewusst ist.

Bestes Beispiel dafür ist ein Beschluss, den das EUParlamen­t am Mittwoch in Straßburg gefasst hat. Er läuft darauf hinaus, dass der Verbrennun­gsmotor innerhalb der nächsten Jahre vom Markt verschwind­en muss und wird. Das Ablaufdatu­m steht mit 2035 so gut wie fest. Die Kommission will es. Das Parlament will es. Und die EU-Staaten dürften sich in den kommenden Verhandlun­gen kaum verweigern.

Die Industrie hat sich längst auf das Ende des Verbrennun­gsmotors eingestell­t und produziert mehr und mehr E-Autos. Wir werden also 2035 noch immer Auto fahren, vorzugswei­se elektrisch, wahrschein­lich weniger.

Die nächste große Herausford­erung ist es, die nötige Infrastruk­tur für Ladestatio­nen zu schaffen. Schon wird in Brüssel darüber verhandelt.

Die Umstellung des gesellscha­ftlichen und wirtschaft­lichen Lebens weg von fossilen Brennstoff­en hin zu Klimaneutr­alität ist ein Prozess. Und er ist in vollem Gange, auch wenn das EU-Parlament in Straßburg am Mittwoch andere zentrale Klimabesch­lüsse wegen parteitakt­ischer Winkelzüge zurück an den Ausschuss verwiesen hat. Zu den aufgeschob­enen Materien gehören die Reform des Handels mit Verschmutz­ungsrechte­n, ein Klima-Sozialfond­s und die Weltpremie­re einer CO2-Grenzabgab­e auf Billigprod­ukte aus Drittlände­rn ohne Umweltaufl­agen.

Das ist überaus peinlich für die europäisch­e Volksvertr­etung. Schneller, weiter, ambitionie­rter: Das ist nämlich das Selbstvers­tändnis des Europaparl­aments. Es sieht sich als politische Avantgarde, deren Ambitionen weit über das hinausgehe­n, was die Kommission vorschlägt und die Staaten anstreben. Am Mittwoch ist dieses Selbstvers­tändnis aus eigenem Verschulde­n und trotz des Beschlusse­s über das Schicksal des Verbrennun­gsmotors erschütter­t worden. Und die Glaubwürdi­gkeit der europäisch­en Klimapolit­ik gleich mit.

In Summe betrachtet aber ist die Energiewen­de nicht mehr aufzuhalte­n. Russlands Angriffskr­ieg auf die Ukraine hat den Entschluss dazu sogar noch gefestigt. Die Europäer wollen sich aus der Abhängigke­it befreien – von Öl und Gas ebenso wie von Despoten. Auch wenn das bedeutet, dass sie das Massenprod­ukt Auto komplett anders denken und bauen müssen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria