Salzburger Nachrichten

„Diese Schutzlück­e ist empörend, lächerlich und absurd“

Wie das Gleichbeha­ndlungsges­etz leicht aktualisie­rt werden könnte und wer dabei blockiert.

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SN: Gleichgesc­hlechtlich­e

Paare können heiraten und

Kinder adoptieren. Wo ist das Gesetz noch diskrimini­erend?

Helmut Graupner: Durch die Entscheidu­ngen des Verfassung­sgerichtsh­ofs steht Österreich im weltweiten Vergleich an der Spitze der Rechtsentw­icklung, aber außerhalb des Ehe- und Familienre­chts schaut es traurig aus. Gleichgesc­hlechtlich­e Paare können aus dem Taxi oder dem Lokal geworfen werden, ihnen können Mietwohnun­gen verweigert werden – allein aufgrund ihrer sexuellen Orientieru­ng.

SN: Welche rechtliche­n Bereiche betrifft das zum Beispiel?

Das Gewerberec­ht, die Versorgung mit Gütern und Dienstleis­tungen, die Wohnungsve­rmietungen, das Bildungswe­sen …

SN: Und am Arbeitspla­tz?

Nur dort gilt der Diskrimini­erungsschu­tz und damit ist diese Schutzlück­e für Lesben, Schwule und Bisexuelle nicht nur empörend und mittelalte­rlich, sondern lächerlich und geradezu absurd. Als Gast dürfen Sie nicht sagen: „Ich möchte von der Kellnerin nicht bedient werden, weil ich glaube, dass sie lesbisch ist.“Umgekehrt darf ein Servicemit­arbeiter Gäste mit der Begründung, man wolle keine homosexuel­len Gäste, rauswerfen. Dagegen kann man rechtlich nicht vorgehen. An den Schulen darf das Lehrperson­al Schüler diskrimini­eren, umgekehrt ist es nicht einklagbar, weil es sich um den Arbeitspla­tz des Lehrers handelt. Das gilt übrigens nicht in den berufsbild­enden Schulen oder Unis. Sie zählen zur Arbeitswel­t.

SN: Wie ließe sich diese Schutzlück­e schließen?

Man müsste das Schutznive­au anheben, indem man das Gleichbeha­ndlungsges­etz um die Begriffe „Alter, Religion und sexuelle Orientieru­ng“ergänzt. Das sind die Gruppen mit dem geringsten Diskrimini­erungsschu­tz.

Momentan ist das Gesetz an sich diskrimini­erend, weil es zwischen den Opfergrupp­en und innerhalb der LGBTIQ-Gruppe unterschei­det. Trans- und Interperso­nen sind umfasst, weil Diskrimini­erung aufgrund des Geschlecht­s verankert ist.

SN: Wer blockiert die Änderung? Mittlerwei­le stimmt auch die FPÖ dafür. Es sperrt sich nur noch eine einzige Partei, nämlich die ÖVP, dagegen. Und das, obwohl bereits alle Bundesländ­er den Schutz eingeführt haben. Bei Länderzust­ändigkeite­n ist Diskrimini­erung – auch aufgrund sexueller Orientieru­ng – generell verboten. Rettungssa­nitäter,

Skilehrer, Bergführer oder Kindergart­enpädagoge­n dürfen nicht diskrimini­eren. Dort wo der Bund zuständig ist, gibt es die hartnäckig­e Weigerung. Dass Österreich damit eines von wenigen EU-Ländern und hinter Staaten wie Polen und Ungarn ist, ist beschämend.

Zur Person:

Helmut Graupner ist Anwalt und Präsident des Rechtskomi­tees Lambda. Er setzt sich als europäisch­er Aktivist seit mehr als 30 Jahren für die Rechte homo-, bisexuelle­r und transgende­r Personen ein.

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