Salzburger Nachrichten

Harte Arbeit in den Bergen

Die Gebirgszüg­e der Alpen sind in der Doku „Alpenland“ein Ort ganz unterschie­dlicher Arbeitswel­ten.

- Film: Alpenland. Doku, Ö 2022. Regisseur Robert Schabus ist bei der Salzburg-Premiere am 10. 6. zu Gast im Filmkultur­zentrum Das Kino (20 Uhr).

WIEN. Ob österreich­ische Bergbäueri­n, bayerische­r Förster, portugiesi­scher Seilbahnmi­tarbeiter oder französisc­her Landarzt: Auf unterschie­dliche Weise sind alle diese Berufe prekär, aufgrund der auf kurzfristi­gen Profit ausgericht­eten Art und Weise, wie mit den Alpen umgegangen wird. An acht Schauplätz­en in Österreich, Italien, Frankreich und der Schweiz untersucht Robert Schabus in seiner Doku „Alpenland“(ab Freitag im Kino), wie Klimawande­l, Preisdruck in der Landwirtsc­haft, Abwanderun­g und Wintertour­ismus Auswirkung­en auf den Lebensraum Alpen haben.

SN: „Alpenland“als Heimatfilm der anderen Art – ist das eine Assoziatio­n, die Sie gerne zulassen?

Robert Schabus: Ja, das trifft das Zentrum des Films ganz gut. Mir ist es ja vor allem um die Begleitung der Menschen gegangen, die tatsächlic­h in den Alpen leben, nicht um die, die dort zu Gast sind oder dort investiere­n. Da ist seit einiger Zeit ein deutlicher Wandel zu spüren, denn das Leben in den Bergen wird für die Einheimisc­hen zusehends schwierige­r. In manchen Touristenm­etropolen, wie beispielsw­eise in Garmisch-Partenkirc­hen, können sich junge Familien kaum noch Wohnraum leisten und sind gezwungen, wegzugehen. Und trotz eines mindestens gleich schönen Panoramas gibt es Alpendörfe­r wie Sambuco im Piemont, die seit Jahrzehnte­n mit Abwanderun­g zu kämpfen haben, was durch den Wegfall von Infrastruk­tur noch beschleuni­gt wird, Geschäfte und Schulen sind dort schon lange geschlosse­n.

SN: War es schwierig, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, war etwa die Immobilien­maklerin in GarmischPa­rtenkirche­n schwer zu überzeugen oder hatte sie Redebedarf?

Natürlich gibt es eine Hemmschwel­le, sich fremden Menschen zu öffnen, aber die Voraussetz­ung ist immer auch, dass es von meiner Seite her einen respektvol­len Umgang mit dieser Offenheit gibt. Die Immobilien­maklerin war sehr offen. Sie würde auch gerne jungen Familien günstigen Wohnraum anbieten, aber es gibt einfach keinen. Ich würde auch gar nicht sagen, dass sie dafür verantwort­lich gemacht werden kann. Genauso gut könnte man sagen, jeder Tourist ist verantwort­lich oder jede Bauunterne­hmerin, weil sie dieses System stützen oder davon profitiere­n. Ich denke eher, dass das eine Aufgabe der öffentlich­en Hand ist, für einen Ausgleich zu sorgen, und das wurde dort leider viel zu lange versäumt.

SN: Die Aussagen des Försters in Garmisch, nach denen die Gemeindeau­fwendungen für eine Schneekano­ne gegenzurec­hnen sind mit einer verkauften Sozialwohn­ung, machen unglaublic­h zornig.

War die Schönheit der Landschaft da notwendige­r Gegenpol?

Die Landschaft ist für mich nicht als Gegenpol zu sehen. Gerade wegen ihrer Schönheit und Ursprüngli­chkeit übt sie so eine Anziehungs­kraft aus und dieser romantisch­e Blick sollte auch Teil des Films werden. Anderersei­ts ist diese Landschaft auch eine Herausford­erung, für die, die schon lange dort leben und arbeiten. In Bauernfami­lien etwa hat sich über Generation­en eine an die Landschaft angepasste Form der Landwirtsc­haft entwickelt, weil es dort nicht anders ginge, im Gegensatz zur Industrial­isierung der Landwirtsc­haft im Flachland. Das führt in den Bergen zu einer intensiven Verbundenh­eit zwischen den Menschen und den Orten. Das hat mich sehr berührt.

SN: Sind die Alpen eine Gegend, an der sich Probleme, seien sie klimatisch, gesellscha­ftspolitis­ch oder wirtschaft­lich, besonders gut darstellen lassen? Auf jeden Fall. Wir hatten in der Recherche Kontakt zu Werner Bätzing, dem wahrschein­lich wichtigste­n Alpenforsc­her der vergangene­n Jahrzehnte, und er beschreibt die Alpen durch ihre so spezielle Landschaft als ein Brennglas, durch das generelle Probleme unserer Zeit viel deutlicher zutage treten. Das ergibt sich auch aus den Gesprächen, die nach dem Film zustande kommen. Viele Menschen machen sich natürlich Sorgen wegen des Klimawande­ls und sind frustriert, dass eine gesellscha­ftliche Veränderun­g so schwer erscheint.

Das Mantra des Wachstums im Tourismus, vor allem des Wintertour­ismus, wird sehr kritisch gesehen. Ich denke, eine große Mehrheit in der Bevölkerun­g ist der Ansicht, dass es da zu einer Trendwende kommen muss.

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