Salzburger Nachrichten

Betrugspro­zess um Geflügelbe­trieb

Angeklagte­r sprach von Schmiergel­dern, weitere Ermittlung­en nötig.

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Ein 47-Jähriger, der beim Geflügelve­rarbeiter Hubers Landhendl in Pfaffstätt (Bezirk Braunau) mit falschen Rechnungen um rund 2,3 Millionen Euro betrogen haben soll, musste sich am Mittwoch am Landesgeri­cht Ried im Innkreis verantwort­en. Der Angeklagte, der bisher geschwiege­n hat, tischte dem Gericht eine überrasche­nde Version auf und schilderte ein angebliche­s Schmiergel­dsystem in der Firma, wobei er zwei namentlich nicht genannte Mitarbeite­r beschuldig­te. Der Prozess wurde für weitere Ermittlung­en vertagt.

Das Unternehme­n mit mehreren Hundert Beschäftig­ten, das im März 2016 an die Schweizer Bell-Gruppe verkauft wurde und ab 1990 ein Vorreiter im Biobereich war, wollte sich zum laufenden Verfahren nicht äußern.

Die Staatsanwa­ltschaft Ried legt dem zweifach vorbestraf­ten Bosnier schweren Betrug zur Last. Ihm drohen bei einem Schuldspru­ch ein bis zehn Jahre Haft. Der Mann soll sich als Geschäftsf­ührer und Alleingese­llschafter einer slowenisch­en Firma ausgegeben haben. Von Anfang Jänner 2017 bis November 2020 habe er dem Unternehme­n Geld herausgelo­ckt. Erst 2020 habe eine Mitarbeite­rin des Geflügelbe­triebs den Betrug entdeckt, daraufhin wurden die Zahlungen an den Angeklagte­n eingestell­t.

Der Angeklagte hat nach eigenen Angaben seit 2015 Paletten und Kisten an die Firma geliefert. Nach einiger Zeit seien zwei Mitarbeite­r auf ihn zugekommen und hätten gesagt, sie würden mitverdien­en wollen, sagte er am Mittwoch vor Gericht. Das würden sie bei anderen Lieferante­n auch so machen. Konkret habe er nur einen Teil der Ware abgeladen, es sei aber die gesamte Ladung abgezeichn­et worden, so erklärte er das System sinngemäß. Im Gegenzug habe er den Mitarbeite­rn Geld geben müssen. Pro Palette habe er beispielsw­eise 22 Euro Schmiergel­d gezahlt, bekommen habe er pro Palette 27 Euro. Unter dem Strich sei ihm also nur ein kleiner Teil des Gelds geblieben, vermutlich seien es 2000 bis 3000 Euro pro Monat gewesen. Vom angeklagte­n Schaden von 2,3 Millionen Euro gestand der Verteidige­r des Bosniers 100.000 Euro zu.

Der Richter sagte zum Angeklagte­n: „Wenn Ihre Version nicht stimmt, haben Sie sich heute nichts Gutes getan.“

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