Tageszeit beeinflusst das Sportergebnis
Morgen- versus Abendsport: Wissenschafter untersuchten, welchen Unterschied es macht, wann wir Sport treiben. Vor allem Menschen mit Stoffwechselerkrankungen sollten auf den Zeitpunkt achten – oder jene, die Schichtarbeit leisten.
Manche Menschen kommen morgens leicht aus dem Bett und starten aktiv in den Tag. Andere drehen lieber nach Feierabend ihre Joggingrunde. Unser Körper ist je nach Tageszeit unterschiedlich auf Sport vorbereitet: Während die Energiespeicher am Abend durch die Nahrung tagsüber gefüllt sind, sind sie nach der Nachtruhe meist leer. Welchen Unterschied macht die Tageszeit des Sports für unsere Gesundheit?
Diese Frage hat sich ein interdisziplinäres Forscherteam unter Leitung des Helmholtz-Zentrums München und des Karolinska-Instituts Schweden näher angesehen. In einer Studie untersuchten sie Blutund Gewebeproben von Hirn, Herz,
Muskel, Leber und Fett von Mäusen. Sie verfolgten, wie sich Stoffwechselprodukte und Hormonsignalmoleküle in jedem Gewebe veränderten – je nach Training und Tageszeit. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal „Cell Metabolism“veröffentlicht.
„Wir konnten sehen, dass morgens nach der Ruhephase die metabolische Flexibilität besser trainiert wird“, sagt Dominik Lutter, der die Studie seitens Helmholtz München leitete. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet das die Fähigkeit, zwischen den Energiequellen für den Stoffwechsel flexibel zu wechseln. „Wenn keine Glukose mehr vorhanden ist, steigt der Körper schnell auf den Fettstoffwechsel um“, erklärt Lutter. Das sei etwa für Langstreckensportlerinnen und -sportler wichtig: Um nicht in ein Loch zu fallen, sollte der Fettstoffwechsel schnell aktiviert werden, wenn der Kohlenhydratstoffwechsel erschöpft sei.
Am Abend hingegen sind die Energiespeicher des Körpers meist zur Genüge gefüllt. Eine Studie aus dem Jahr 2020 zeigte bereits, dass Männer mit hohem Diabetesrisiko ihren Insulinbzw. Kohlehydratstoffwechsel bei Sport am Nachmittag eher verbessern. Die aktuelle Studie unterstützt diese Hypothese: „Wir vermuten, dass es für Menschen mit Stoffwechselerkrankungen wie etwa Diabetes gut ist, Sport nicht auf leeren Magen zu betreiben – sondern dann, wenn genügend Energie da ist“, sagt Lutter. Das gelte auch für übergewichtige Menschen oder jene mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Generell reguliert ein Großteil der Zellen in unserem Körper die biologischen Prozesse in Abhängigkeit vom sogenannten zirkadianen Rhythmus – der „inneren Uhr“. Diese ist auf einen Ablauf von 24 Stunden getaktet und richtet sich nach dem Sonnenstand. Der Rhythmus ist Grund dafür, dass wir morgens wach und abends müde werden. Rückschlüsse aus der Studie: „Unsere Vermutung ist, dass man diese innere Uhr durch Sport schneller wieder in den richtigen Takt bringt, wenn sie etwa durch Schichtarbeit oder Jetlag gestört ist“, sagt Lutter. Vor allem der Morgensport könne Moleküle in Schwung bringen, die mit der molekularen inneren Uhr interagierten.
Da es sich um eine Mäusestudie handelte, seien die Ergebnisse nicht eins zu eins auf den Menschen übertragbar, gibt Lutter zu bedenken. Weitere Forschungen seien nötig. „Generell kann man natürlich sagen, dass Sport immer gut ist“, resümiert er. Vor allem für Forschungen zu Sporttherapien bei metabolischen Erkrankungen könnte die Studie aber Weichen stellen.