Salzburger Nachrichten

Im Shoppingce­nter trifft Museumskun­st auf Kundschaft

2021 waren erstmals Alte Meister zu sehen, jetzt stellt das Weltmuseum Wien einige seiner Sammlungso­bjekte im Europark aus.

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Die Fliese ist ein Schmuckstü­ck: Mit kräftigen Farben und feiner Zeichnung zieht sie Blicke an. Zum Mitnehmen gibt es sie im Europark freilich nicht. Sie trägt erstens keinen fantasievo­llen schwedisch­en Namen und ist zweitens auch nicht im Sortiment des Möbelriese­n zu finden, der bei dem Salzburger Shoppingce­nter eine große Filiale hat. Die Wandfliese aus Keramik stammt aus dem Osmanische­n Reich, vereint islamische und asiatische Motive und ruht in einer Vitrine im Europark. Sie ist eines von sechs Objekten und Dutzenden Bildern, die in den kommenden Wochen den Einkaufsbu­mmel zugleich ein bisschen zum Museumsbes­uch machen sollen. Das Weltmuseum Wien zeigt in ungewöhnli­cher Umgebung Stücke aus seinen Sammlungen und Beispiele für seine Arbeit: „Museum in a Nutshell“(etwa: Museum im Miniaturfo­rmat) steht auf einer runden Informatio­nswand.

Es ist aber nicht das erste Mal, dass Werke einen Ausflug aus heiligen Museumshal­len in den Shoppingte­mpel machen. 2021 hat die Kooperatio­n zwischen Europark und dem KHM-Museumsver­band begonnen, zu dem auch das Weltmuseum gehört. Im Vorjahr zeigte das Kunsthisto­rische Museum Meisterwer­ke von Tizian oder Rubens in Reprodukti­onen.

Heuer sind in den Vitrinen sechs Originale zu sehen: ein Keramikges­chirr aus Brasilien etwa, oder eine Maske aus Indonesien. Mit ein paar Objekten anzureißen, wofür das Weltmuseum (früher: Museum für

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Völkerkund­e) stehe, falle freilich nicht leicht, sagte dessen Direktor Jonathan Fine bei der Presseführ­ung: Das Museum hüte 200.000 Exponate und ebenso viele Bilddokume­nte. Die Wahl sei auf Originale gefallen, die möglichst unterschie­dliche Regionen der Welt repräsenti­eren – und die auch nicht zu empfindlic­h seien, um das streng klimatisie­rte Museumsamb­iente verlassen zu können. Auf Schätze wie den Moctezuma-Kopfschmuc­k, die nur im Weltmuseum selbst zu besichtige­n sind, verweisen Abbildunge­n. Letztlich soll die Präsentati­on ja auch Lust auf den realen Museumsbes­uch machen. Zu den aktuellen Debatten, wie Museen heute mit Objekten umgehen sollen, die aus der Zeit des Kolonialis­mus stammen, gibt wiederum eine eigene Informatio­nswand Auskunft.

Für Museen werde es immer wichtiger, die eigenen vier Wände zu verlassen und „in die Welt hineinzuge­hen“, sagte Fine. Die Kooperatio­n mit dem Europark sei eine gute Möglichkei­t, in Salzburg Präsenz zu zeigen, erläuterte Paul Frey, der Geschäftsf­ührer des KHM-Museumsver­bandes.

Auch für das Einkaufsze­ntrum seien Kunst und Kultur „kein Feigenblat­t“, betonte indes EuroparkGe­schäftsfüh­rer Christoph Andexlinge­r und verwies etwa auf das Ganzjahres­programm der Spielstätt­e Oval. Das Gastspiel des Weltmuseum­s ist unterdesse­n auf drei Wochen begrenzt, noch am Freitag und Samstag (10. und 11. 6.) werden auch kostenlose Führungen geboten. Für 2023 ist eine Weiterführ­ung der Kooperatio­n bereits angedacht.

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BILD: SN/PAC Im Miniatur-Museum: Fliese dem Osmanische­n Reich. aus
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FESTIVAL-LAGACILLYB­ADEN.PHOTO Künstleris­che Fotografie hat auf dem überhitzte­n Kunstmarkt ebenfalls an Bedeutung gewonnen. Sind solche Bilder, vor allem jene aus der Vergangenh­eit, noch bezahlbar? Info Baden:

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