Salzburger Nachrichten

Ist das E-Auto die

Das Verbot von Verbrennun­gsmotoren ab 2035 regt auf: Die Autoindust­rie sieht sich in eine technologi­sche Sackgasse getrieben. Die E-Auto-Käufer haben andere Sorgen, wie sinkende Zulassungs­zahlen zeigen.

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WIEN, SALZBURG. Das EU-Parlament hat sich entschiede­n: Ab 2035 soll es für Autos und Kleintrans­porter mit Verbrenner­motoren keine Neuzulassu­ng mehr geben. Die Zukunft auf Europas Straßen soll sich rein elektrisch abspielen. Der Beschluss, der mit den EU-Staaten, die noch keine gemeinsame Position haben, noch verhandelt werden muss, sorgt im Autoland Deutschlan­d bereits für Debatten in der Koalition.

Die Autoindust­rie will vor allem nicht auf synthetisc­he Kraftstoff­e verzichten. Angesichts der Unsicherhe­it, die man täglich weltweit erlebe, sei jede langfristi­ge Regulierun­g über dieses Jahrzehnt hinaus verfrüht, erklärte der Verband der europäisch­en Automobilh­ersteller (ACEA) am Donnerstag. Die Transforma­tion liege nicht nur in der Hand der Hersteller. Auf halbem Weg müsse noch einmal überprüft werden, „ob der Aufbau von Ladeinfras­truktur und die Verfügbark­eit von Rohstoffen für die Batteriepr­oduktion mit der Nachfrage an EFahrzeuge­n mithalten können“.

Auch AVL List in Graz, ein bedeutende­r Technologi­e-Entwickler für die Autoindust­rie, sieht den Ausschluss von synthetisc­hen Kraftstoff­en kritisch. „Damit nimmt man sich die Chance, die CO2-Ziele eventuell sogar früher zu erreichen“, sagt Unternehme­nssprecher Markus Tomaschitz. Möglicherw­eise werde die Kostenfrag­e hinsichtli­ch

Strom- und Rohstoffpr­eisen unterschät­zt, warnt er. Als Entwickler sei man gegenüber jeder Technologi­e offen, die helfe, CO2 zu reduzieren. „Wir sind aber klarerweis­e dort, wo unsere Kunden hinmarschi­eren müssen.“

Die Autokäufer haben derzeit mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. Nach zweistelli­gen Zuwachsrat­en im Vorjahr gehen seit März die Zulassungs­zahlen bei rein elektrisch betriebene­n Pkw zurück. Im

April wurden um 23 Prozent weniger Stromer neu zugelassen als im Vorjahresm­onat. Obwohl private Käufer seit Anfang März mit 5000 Euro vom Staat gefördert werden, Firmen immerhin mit 2500 Euro.

„Die Fördertöpf­e sind noch voll“, sagt der Sprecher der österreich­ischen Automobili­mporteure, Günther Kerle. Was fehlt, seien die Autos. Die Lieferzeit­en hätten 12 bis 18 Monate erreicht. Dass die Teile, die man zur Verfügung hat, zuletzt vor allem in Autos mit Elektroant­rieb verbaut wurden, liegt auch daran, dass die Hersteller damit bereits mehr Geld verdienten als mit Verbrenner­n in der Mittelklas­se.

Auch Kerle hält das Verbrenner­verbot für „die falsche Entscheidu­ng“. Die EU solle nicht Technik verbieten, sondern die Rahmenbedi­ngungen festlegen, fordert er und warnt vor noch höheren Strompreis­en und neuen Abhängigke­iten etwa von Rohstoffen zur Batterieer­zeugung. Dass E-Autos billiger werden, wenn mehr produziert werden, sei „ Wunschdenk­en“.

Österreich hat noch ambitionie­rtere Ziele als das EU-Parlament. „Die Zukunft des Autos steht unter

Strom“, betonte Ministerin Leonore Gewessler nach der Abstimmung im EU-Parlament. Laut dem Mobilitäts­masterplan, den die Regierung vorigen Sommer vorgelegt hat, sollen schon 2030 alle neu zugelassen­en Autos emissionsf­rei unterwegs sein – allerdings ohne Zwang. Die Realität sei, dass alle großen Autokonzer­ne mittlerwei­le E-Strategien hätten und enorme Summen in den Umstieg investiert­en, heißt es aus dem Verkehrs- und Klimaminis­terium – ohne europäisch­e Gesetzgebu­ng. Daher werde es Österreich früher schaffen.

Das Entscheide­nde an dem Beschluss sei die Planungssi­cherheit, die das kleineren Unternehme­n für Investitio­nen biete. Die heimische Zulieferbr­anche sei ohnehin schon zum Schluss gekommen, dass die Transforma­tion für sie von Vorteil sei, und arbeite bereits daran.

Die Warnungen der Fahrzeugin­dustrie vor Problemen bei Batterie oder Stromverso­rgung halten die Experten im Verkehrsmi­nisterium für übertriebe­n. Sie verweisen auf die Großprojek­te in der EU etwa beim Batterieba­u. Der zusätzlich­e Strombedar­f für die E-Autos sei bei den Rechnungen im Erneuerbar­enAusbau-Gesetz eingeplant.

An der Strommenge werde die Umstellung auf E-Mobilität nicht scheitern, betont auch die E-Wirtschaft, „vorausgese­tzt, der Erneuerbar­en-Ausbau kann wie geplant vorangetri­eben werden“. Für rund zehn Prozent des Autobestan­ds bräuchte es eine Terawattst­unde, sagt Christian Zwittnig, Sprecher des Branchenve­rbands Oesterreic­hs Energie. Die Stromerzeu­ger begrüßen „das europäisch­e Bekenntnis zur E-Mobilität“. Das könnte nicht zuletzt „einen wichtigen Beitrag zur Reduktion unserer internatio­nalen Abhängigke­iten leisten“. Einen möglichen Flaschenha­ls bilde jedoch die Netzinfras­truktur. Daher müssten ein forcierter Netzausbau sowie der Aufbau der Ladeinfras­truktur oberste Priorität haben.

Im EU-Vergleich ist Österreich bereits gut mit Ladestatio­nen versorgt. Das Durcheinan­der mit Steckern, Tarifen und Ladegeschw­indigkeit erschwert aber die Nutzung. Das 2030-EU-Ziel für Schnelllad­estationen auf den Autobahnen werde hierzuland­e bereits 2023 erreicht, so das Ministeriu­m.

„Nur das E-Auto ist der falsche Weg.“

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Günther Kerle, Autoimport­eure

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