Diese Sonne ist ein Geheimnis, ein gut verstecktes
Mit dieser Sonne kann für ein paar Augenblicke der Himmel heruntergeholt werden. Zu ihr aufzublicken bringt freudvolle Gedanken. Das Sonnengesicht schwebt im Kirchenraum von Maria Plain, will aber zuerst einmal entdeckt werden. Das macht es geheimnisvoll.
Im Mittelschiff der Wallfahrtskirche in Bergheim hängt eine Madonna mit dem Jesuskind an einer langen Kugelschnur. Die Himmelskönigin hat ein Zepter in der Hand, ihren goldenen Strahlenkranz formt die Sonne in ihrem Rücken. Muttergottes und strahlendes Rund stellen ein Bildnis dar, das es nur selten gibt und dem offenbar bisher auch keine Beachtung geschenkt worden ist.
Im Standardwerk „Kunsttopographie“aus 1916 über die Denkmäler von Maria Plain ist kein Wort über das Sonnengesicht zu lesen, sondern nur über die Madonna mit dem Kind. Demnach handelt es sich bei dieser Maria um eine Votivgabe aus der Zeit um 1675. Aus wessen Händen das aus Holz geschnitzte und mehrfarbig gefasste Werk stammt, ist nicht bekannt. Die Kunstfertigkeit jedenfalls ist sichtbar. Vielleicht ist die Sonne auf der Rückseite allein dem Umstand geschuldet, dass die Madonna auch eine attraktive Hinteransicht brauchte?
Das dürfte zu kurz gegriffen sein. Reinhard Gratz, der Direktor des Dommuseums im Salzburger Domquartier, spannt der Kulturklauberin den Bogen: „Inhaltlich handelt es sich dabei – wie bei jeder Madonna mit Strahlenkranz – um eine Anspielung auf die Frau in der Offenbarung des Johannes (Offb. 12): ,Dann erschien ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet; der Mond war unter ihren Füßen und ein Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt ...‘“Seit dem Mittelalter sei Maria mit dieser Apokalyptischen Frau gleichgesetzt worden, ergänzt der Kunsthistoriker.
Das bringt die Symbolik dieser barocken Madonna in Maria Plain zum Leuchten. Sie ist eine Himmelserscheinung, trägt ein Sonnenkleid. „Ihre“Sonne hat Strahlkraft und auch beschützenden Charakter.