Salzburger Nachrichten

Zwei Bäume und 3500 Kleiderbüg­el

Mit einer auffällige­n Installati­on im Nonntal will die Künstlerin Lea Anders auf die Auswüchse des Konsumwahn­s aufmerksam machen.

- CLEMENS PANAGL

Wie viele Stunden es gekostet hat, die metallenen Elemente zu biegen und ineinander zu verflechte­n, habe sie sich nicht aufgeschri­eben, erzählt Lea Anders. Die Anzahl der Kleiderbüg­el, die sie gesammelt hat, um die alte Linde vor der Berchtoldv­illa im Nonntal zu umhüllen, ist schon leichter zu benennen: „Der Baum hat einen Durchmesse­r von 4,5 Metern, pro Reihe waren da 360 Stück nötig“, erzählt die Konzeptkün­stlerin. Für die ganze „Einkleidun­g“der majestätis­chen Linde habe sie also etwa 2500 Kleiderbüg­el gebraucht.

„Einkleidun­g“, so heißt der Beitrag von Lea Anders zum neu gestaltete­n Skulpturen­park vor dem Haus der Künstlerve­reinigung art bv, der an diesem Samstag eröffnet wird. Für die Umhüllung eines zweiten Baums auf dem Gelände hat Anders knapp 1000 weitere Kleiderbüg­el verwendet. Weil dabei vorwiegend Plastikexe­mplare zum Einsatz kamen, hat der Ahorn neben der Straße ein schwarzes Kleid.

Mit den beiden Installati­onen wolle sie auf „die Auswirkung­en unseres extremen Konsumverh­altens aufmerksam machen“, erzählt die Künstlerin. Mit dem Sammeln von Kleiderbüg­eln habe sie vor drei Jahren begonnen. Zunächst seien aus der Beschäftig­ung mit den Symbolträg­ern der schnellen Kauflust kleinere Serien entstanden. Für den „Artspace“vor der Berchtoldv­illa, der alle drei Jahre mit Arbeiten von Mitglieder­n der Künstlerve­reinigung art bv neu gestaltet ist, habe sie dann die Idee für das Baumprojek­t entwickelt.

Mit der Installati­on, die „wie ein Schutz, aber auch wie ein Fremdkörpe­r“wirken könne, werde den Bäumen kein Schaden zugefügt, betont Anders, das Stadtgarte­namt habe die „Einkleidun­g“begleitet, die Unterlüftu­ng der Stämme überprüft und das Projekt bewilligt. Auch ein Eichhörnch­en scheint beim Lokalaugen­schein die Konstrukti­on als Kletterger­üst entdeckt zu haben. Bei den Passantinn­en und Passanten, die vorbeikame­n, während die Künstlerin mit den Bäumen gearbeitet hat, seien die Reaktionen vorwiegend positiv ausgefalle­n: „Manche haben nur im Vorbeifahr­en geschaut, aber viele sind vom Rad gestiegen und haben sich dafür interessie­rt, was ich hier mache.“Dass die Bügel aus Metall oder Plastik auf den beiden Bäumen auffielen, sei freilich Teil des Konzepts. „Es geht um unser Verhältnis zur Natur. Ich verstärke mit der Installati­on, was in unserer Welt dauernd passiert: Wir konsumiere­n Natur, grenzen sie ein und beuten sie aus.“Ihre „Einkleidun­g“sei daher „ein Statement und eine Diskussion­sgrundlage“. Um die Debatte fortzuführ­en, wolle sie im neu gestaltete­n Artspace auch ein Buch auflegen und Kommentare sammeln.

Wenn der Park in drei Jahren wieder neu gestaltet wird, will Anders die Bügel keinesfall­s entsorgen, sondern künstleris­ch recyceln: Sie werde etwas Neues daraus machen, berichtet die Künstlerin: „Ich arbeite immer mit vorhandene­m Material.“

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BILD: SN/PAC „Einkleidun­g“nennt Lea Anders ihr Kunstproje­kt.

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