Diesen schlechten Stil haben die Menschen satt
Übrigens: Als die ÖVP im Wahljahr 2019 jene windschiefe Bilanz produzierte, die nun den Rechnungshof in helle Aufregung versetzt, war ein gewisser Karl Nehammer Generalsekretär dieser Partei. Der heutige Kanzler wird erheblichen Erklärungsaufwand haben, die Regelverstöße, die damals in seiner Partei passiert sind, von seiner Person wegzuargumentieren. Mag sein, dass es ihm gelingt. Keinesfalls gelingen dürfte es ihm, die Regelverstöße von seiner Partei wegzuargumentieren. Nehammers Behauptung, dass die ÖVP „kein Korruptionsproblem“habe, deutet bestenfalls darauf hin, dass er einst im
berufsbegleitenden Lehrgang „Politische Kommunikation“an der Uni Krems alle möglichen
rhetorischen Tricks gelernt hat. Mit der Realität hat diese Aussage nichts zu tun.
Die Aufgabe, die nun auf den Bundeskanzler und ÖVP-Chef
wartet, würde für einige Masterarbeiten des besagten Uni-Lehrgangs reichen. Nehammer muss sich einerseits radikal vom korrupten System Kurz abgrenzen. Er
muss der türkisen ÖVP nicht nur eine neue Farbe, er muss ihr eine
neue Moral, neue Inhalte, neue Führungspersönlichkeiten verpassen. Doch andererseits würde sich Nehammer mit solch offensivem Spiel selbst ins Abseits schießen.
Denn er selbst ist ja ein Produkt des Systems Kurz, jenes Systems also, das es für die ÖVP zu überwinden gilt, will sie einigermaßen unbeschadet in die nächste Wahl gehen.
Was der ÖVP und ihrem Chef helfen würde? Totale Transparenz. Und totale Ehrlichkeit. Also nicht mehr: Mauern beim Parteientransparenzgesetz. Oder der Öffentlichkeit weismachen, dass der ÖVPSeniorenbund nichts mit dem ÖVP-Seniorenbund zu tun habe.
Diesen schlechten Stil haben die Menschen satt.