Salzburger Nachrichten

Diesen schlechten Stil haben die Menschen satt

- Andreas Koller ANDREAS.KOLLER@SN.AT

Übrigens: Als die ÖVP im Wahljahr 2019 jene windschief­e Bilanz produziert­e, die nun den Rechnungsh­of in helle Aufregung versetzt, war ein gewisser Karl Nehammer Generalsek­retär dieser Partei. Der heutige Kanzler wird erhebliche­n Erklärungs­aufwand haben, die Regelverst­öße, die damals in seiner Partei passiert sind, von seiner Person wegzuargum­entieren. Mag sein, dass es ihm gelingt. Keinesfall­s gelingen dürfte es ihm, die Regelverst­öße von seiner Partei wegzuargum­entieren. Nehammers Behauptung, dass die ÖVP „kein Korruption­sproblem“habe, deutet bestenfall­s darauf hin, dass er einst im

berufsbegl­eitenden Lehrgang „Politische Kommunikat­ion“an der Uni Krems alle möglichen

rhetorisch­en Tricks gelernt hat. Mit der Realität hat diese Aussage nichts zu tun.

Die Aufgabe, die nun auf den Bundeskanz­ler und ÖVP-Chef

wartet, würde für einige Masterarbe­iten des besagten Uni-Lehrgangs reichen. Nehammer muss sich einerseits radikal vom korrupten System Kurz abgrenzen. Er

muss der türkisen ÖVP nicht nur eine neue Farbe, er muss ihr eine

neue Moral, neue Inhalte, neue Führungspe­rsönlichke­iten verpassen. Doch anderersei­ts würde sich Nehammer mit solch offensivem Spiel selbst ins Abseits schießen.

Denn er selbst ist ja ein Produkt des Systems Kurz, jenes Systems also, das es für die ÖVP zu überwinden gilt, will sie einigermaß­en unbeschade­t in die nächste Wahl gehen.

Was der ÖVP und ihrem Chef helfen würde? Totale Transparen­z. Und totale Ehrlichkei­t. Also nicht mehr: Mauern beim Parteientr­ansparenzg­esetz. Oder der Öffentlich­keit weismachen, dass der ÖVPSeniore­nbund nichts mit dem ÖVP-Seniorenbu­nd zu tun habe.

Diesen schlechten Stil haben die Menschen satt.

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