Russland rückt weiter vor
In Sjewjerodonezk ist eine Chemiefabrik fast vollständig umzingelt.
KIEW. Bei anhaltenden Kämpfen im Donbass sind die russischen Truppen nach ukrainischen
Angaben auf den Verkehrsknotenpunkt Bachmut südwestlich
von Sjewjerodonezk vorgerückt. Durch den Vormarsch der Russen auf den Straßen- und Bahnknoten könnte der Nachschub für das Verwaltungszentrum Sjewjerodonezk abgeschnitten werden.
In Sjewjerodonezk halten die Kämpfe auf dem Boden unvermindert an. Die ukrainischen Streitkräfte hielten nach eigenen
Angaben auch am Freitag den russischen Angriffen stand. Jedoch sei die Chemiefabrik Azot nach Angaben prorussischer Separatisten vollständig umzingelt. „Eine Gruppe ukrainischer Formationen auf dem Territorium des Azot-Chemiewerks kann die Fabrik nicht mehr verlassen. Alle Fluchtwege sind für sie abgeschnitten“, schrieb der Botschafter der selbst ernannten Volksrepublik Luhansk in Moskau, Rodion Miroschnik, am Freitag auf Telegram.
Miroschnik räumte die Möglichkeit ein, dass sich auf dem belagerten Azot-Gelände weiter auch Zivilisten aufhalten könnten. Die ukrainische Seite hatte zuletzt von mehreren
Hundert Menschen gesprochen, die die Fabrikskeller als Luftschutzbunker nutzten und nun festsäßen. Die Kämpfe rund um die Chemiefabrik Azot wecken Erinnerungen an die Belagerung des Stahlwerks Azovstal in der südukrainischen Hafenstadt Mariupol. Mehr als 90 Prozent des Luhansker Gebiets, in dem Sjewjerodonezk liegt, sind von Russland nach über drei
Monaten Krieg bereits besetzt
Derweil hat die ukrainische Armee nach eigenen Angaben russische Stellungen in der Region Cherson im Süden der Ukraine angegriffen. Die Luftwaffe habe Angriffe auf Standorte mit Ausrüstung und Personal sowie Felddepots in der Nähe
von fünf Ortschaften in der Region geflogen, teilte der Generalstab der ukrainischen Armee am Freitag auf Facebook mit. Die Region Cherson
wird seit den ersten Tagen der russischen Invasion nahezu vollständig
von russischen Truppen kontrolliert.
Kiew befürchtet, dass Moskau dort demnächst ein Referendum
nach dem Vorbild der 2014 annektierten Krim über einen Anschluss an Russland abhalten könnte. Die
ukrainische Armee hat eine Offensive zur Rückeroberung des Gebiets gestartet. Die militärische Lage dort
bleibe „angespannt“, teilte das ukrainische Präsidialamt am Freitag mit.
Belagerung erinnert an Stahlwerk in Mariupol