Beten für ein warmes Essen
Mario lebt in unserer Straße,
leider auf der Straße, schon seit Langem. Er verschwindet immer wieder mal, manchmal sogar für ein halbes Jahr, taucht dann wieder auf. Wir teilen öfter unser Essen mit ihm. Mario erzählt dann immer von seinen Erlebnissen in der weiten Welt.
Da gab es auch öfters Missverständnisse, wie er berichtete.
Einmal war er in Marseille und kam zu einem Gut. Er wollte sich schon verstecken, denn
wer weiß, in so einem tollen Haus werden sie ihn sicher
gleich verjagen. Er wurde jedoch herzlich empfangen und
bekam wundervolle französische Köstlichkeiten. Als er dies
berichtete, kamen ihm Tränen. Er sagte: „Ich hab den Herrgott
gebeten, dass ich heut ein warmes Essen bekomme!“Ich stand da mit den dampfenden Bratwürsten (es war Bratwürstelsonntag) und lächelte. Verstohlen wischte ich mir meine Freuden- und Gerührt-sein-Tränen aus dem Gesicht.
Anita Kraxberger