Einspurig über den Brenner
Das politische Tauziehen um den Ersatz der größten Autobahnbrücke Österreichs in Tirol brachte jahrelange Verzögerungen. Dennoch wird die Asfinag, die schon seit Jahren gewarnt hat, kritisiert.
INNSBRUCK. In Salzburg gingen zuletzt die Wogen in manchen Anrainergemeinden der Tauernautobahn hoch, weil die vom Land getroffene Regelung mit Abfahrtssperren, um lokalen Ausweichverkehr zu verhindern, zu Pfingsten zu
wenig kontrolliert worden war. Gestritten wird politisch vorrangig darüber, ob man die Reisewellen Richtung Süden mit einer Art Blockabfertigung am Grenzübergang Walserberg bremsen soll.
Im Vergleich dazu geht es bei der Verkehrsdebatte, die in Tirol nun ein Jahr vor der 2023 fälligen Landtagswahl einen neuen Höhepunkt erreicht hat, um ganz andere Dimensionen: Hier hat der staatliche Straßenbetreiber Asfinag nun bekannt gegeben, dass nach Lage der Dinge ab dem Jahr 2025 ein Stück der Brennerautobahn für die Dauer
von zumindest zwei Jahren nur einspurig befahrbar sein wird.
Grund dafür ist die Verkehrssicherheit.
Die Luegbrücke, mit 1,8 Kilometern Länge die größte Autobahnbrücke Österreichs, ist am Ende ihrer Lebensdauer angelangt. Sie
muss ersetzt werden. Wie berichtet, ist erst seit wenigen Wochen klar, dass dafür keine Umweltverträglichkeitsprüfung nötig ist.
Nach dieser Ankündigung der Asfinag setzte es heftige Kritik der Tiroler Landespolitik mit der ÖVP an der Spitze am Infrastrukturbetreiber. Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler (ÖVP) sprach gegenüber der APA von einem „Desaster für das Wipptal“und forderte gleichzeitig „mutige Schritte“des grünen Koalitionspartners auf Bundesebene in Person von Verkehrsministerin
Leonore Gewessler. Konkrete Vorschläge nannte er nicht.
Die Fakten sind seit Jahren unverändert und die Asfinag hat vielfach darauf hingewiesen, doch die Politik propagierte seit knapp zwei Jahren, ein Tunnel sei für die Anrainergemeinden besser und dem von der
Asfinag geplanten Neubau der Brücke vorzuziehen.
Dazu sagte Stefan Siegele, Geschäftsführer der Asfinag Alpenstraßen GmbH, die für Tirol und
Vorarlberg zuständig ist, am Freitag im SN-Gespräch: „Im Bereich der Brücke gibt es etwa zwölf Häuser, die längst nicht alle bewohnt sind.
Außerdem sagen die Leute, der Lärm ist dort nicht das Problem, denn sie sind weit unterhalb der Brücke.“Angesichts der aufgeheizten Stimmung fügte der Manager frustriert hinzu: „Wir wissen, wie man Verkehr managt, aber wir tun uns schwer, dass man uns glaubt.“
Die Luegbrücke verläuft am Berghang wenige Hundert Meter vor der Grenze zu Italien in rund 1300 Metern
Höhe, wurde 1968 fertiggestellt
und kann nicht mehr saniert werden. Vielmehr muss sie aus Sicherheitsgründen im Laufe des heurigen Jahres bereits mit Stahlgerüsten unterfangen werden, um die wichtigste alpenquerende Transitroute zwischen Italien und Österreich
funktionsfähig zu erhalten. Allein das kostet rund 18 Millionen Euro.
In der Auseinandersetzung einigten sich Land, Gemeinden und Asfinag auf ein international besetztes Gutachtergremium, das im Oktober 2020 zum Schluss kam: Ein Neubau der Brücke ist eindeutig besser als ein Tunnel. Abgesehen von den Kosten (rund 300 Millionen Euro)
wäre ein Tunnel verkehrstechnisch in dieser Höhenlage auf einer Steigungsstrecke nicht machbar, so die
Asfinag. Geschäftsführer Siegele hat dazu einen aktuellen Vergleich
parat: „Wegen einer Sanierung in Italien haben wir derzeit täglich einen Rückstau bis auf die Luegbrücke. Wir hätten jetzt bei einem Tunnel täglich Blockabfertigung.“
„Wir wissen, wie man Verkehr managt. Aber wir tun uns schwer, dass man uns glaubt.“Stefan Siegele, Asfinag