Wikipedia in der Frühen Neuzeit
Nachschlagewerke revolutionierten auch aus Papier das Wissen
Noch vor nicht allzu langer Zeit zierten mehrbändige Lexika viele Wohnwände; die Nachschlagewerke in Papierform haben längst Konkurrenz durch virtuelle Alternativen wie Wikipedia erhalten, die (Un-)Wissen per Mausklick erreichbar machen. Viel früher war es die Erfindung des Buchdrucks Mitte des 15. Jahrhunderts, die den Umgang mit Wissenschaft und Bildung veränderte. An den Unis wandelten sich Vorlesungen dank Skripten zu Diskussionsrunden; auch abseits davon förderten Fach- und Wörterbücher den autodidaktischen Wissenserwerb.
Über Enzyklopädien wollte man dem Publikum in kompakter Form das vorhandene Wissen der Zeit präsentieren. Der Kartäuser und Philosophieprofessor Gregor Reisch (ca. 1470–1525) fasste in seiner „Margarita philosophica“die sieben freien Künste (Trivium: Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Quadrivium: Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie) zusammen und ergänzte diese um Naturphilosophie. Zudem führte er einen Index ein, um „jedem Lernwilligen“den Zugang zum
Stoff zu erleichtern. Bei solchen Enzyklopädien handelte es sich – Urheberrecht war damals noch ein Fremdwort – um Kompilationen aus fremden Texten, wobei die Leistung der Herausgeber darin bestand,
die Informationen zu sammeln und aufzubereiten. So hat Sebastian Münster (1488–1552) für sein 1544 erschienenes Hauptwerk „Cosmographia“beinahe zwanzig Jahre lang recherchiert. Ganz ohne Internet.
Buchtipp: Thomas Kaufmann: Die Druckmacher. Wie die Generation Luther die erste Medienrevolution entfesselte (Beck-Verlag).