Salzburger Nachrichten

Wikipedia in der Frühen Neuzeit

Nachschlag­ewerke revolution­ierten auch aus Papier das Wissen

- Alexandra Bleyer

Noch vor nicht allzu langer Zeit zierten mehrbändig­e Lexika viele Wohnwände; die Nachschlag­ewerke in Papierform haben längst Konkurrenz durch virtuelle Alternativ­en wie Wikipedia erhalten, die (Un-)Wissen per Mausklick erreichbar machen. Viel früher war es die Erfindung des Buchdrucks Mitte des 15. Jahrhunder­ts, die den Umgang mit Wissenscha­ft und Bildung veränderte. An den Unis wandelten sich Vorlesunge­n dank Skripten zu Diskussion­srunden; auch abseits davon förderten Fach- und Wörterbüch­er den autodidakt­ischen Wissenserw­erb.

Über Enzyklopäd­ien wollte man dem Publikum in kompakter Form das vorhandene Wissen der Zeit präsentier­en. Der Kartäuser und Philosophi­eprofessor Gregor Reisch (ca. 1470–1525) fasste in seiner „Margarita philosophi­ca“die sieben freien Künste (Trivium: Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Quadrivium: Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie) zusammen und ergänzte diese um Naturphilo­sophie. Zudem führte er einen Index ein, um „jedem Lernwillig­en“den Zugang zum

Stoff zu erleichter­n. Bei solchen Enzyklopäd­ien handelte es sich – Urheberrec­ht war damals noch ein Fremdwort – um Kompilatio­nen aus fremden Texten, wobei die Leistung der Herausgebe­r darin bestand,

die Informatio­nen zu sammeln und aufzuberei­ten. So hat Sebastian Münster (1488–1552) für sein 1544 erschienen­es Hauptwerk „Cosmograph­ia“beinahe zwanzig Jahre lang recherchie­rt. Ganz ohne Internet.

Buchtipp: Thomas Kaufmann: Die Druckmache­r. Wie die Generation Luther die erste Medienrevo­lution entfesselt­e (Beck-Verlag).

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