Salzburger Nachrichten

Ein Cocoon öffnet sich

Mitarbeite­rsuche abseits der üblichen Wege. Um Mitarbeite­r für das neue Hotel Cocoon in Salzburg zu finden, gab es einfach eine Baustellen­party.

- BERNHARD SCHREGLMAN­N

Jetzt ist es also endlich eröffnet, das neue Cocoon-Hotel nahe dem Salzburger Bahnhof. Wo früher die Energiewir­tschaft gemanagt wurde, sind heute in- und ausländisc­he Gäste willkommen. So weit, so normal. Doch in

Wirklichke­it geht man im Cocoon ganz neue, ganz ungewöhnli­che Wege. Das Hotel gehört zu einer von Johannes Eckelmann 2008 gegründete­n LifestyleH­otelmarke mit Fokus auf Urbanität, Individual­ität und Nachhaltig­keit. Bisher gab es vier Hotels in München, jetzt kommt eben jenes in Salzburg dazu.

„Servus, hol dir ein Bier und dann können wir uns gerne unterhalte­n“, sagt Elfi Harrer, die Hoteldirek­torin: „Wir sind hier alle per

Du, auch mit den Gästen.“Harrer, gebürtige Steirerin, entspricht so gar nicht den herkömmlic­hen Vorstellun­gen einer Direktorin, kein kleines Schwarzes, kein Hosenanzug, kein Blüschen. Stattdesse­n Hose, Jeanshemd, Hemdsärmel­igkeit. Harrer hat die Hotelfachs­chule in Bad Ischl absolviert, ihre

berufliche­n Stationen sind „Klassiker“, Hotels im Ausland, etwa der Schweiz oder das Sacher in Salzburg. Nach vier Jahren berufsbegl­eitendem Studium „Entwicklun­g und Management im Tourismus“an der FH Salzburg folgen weitere Stationen: Point-Hotel Anif, Hotel Mercure, zuletzt sieben Jahre Direktorin im Hotel „Zum Hirschen“.

Also alles im üblichen Rahmen? Doch nicht, denn mit dem Einstieg in die von Johannes Eckelmann gegründete Hotelwelt ist vieles anders geworden. „Da sind alle total offen“, erzählt Harrer von ihrer Einschulun­g in München: „Man ist per Du, alle gehen ganz ungezwunge­n miteinande­r um. Hier ist es gewünscht, etwas zu sagen, und es wird einem auch zugehört.“

Mit dem Salzburger Hotel geht man den Weg in Richtung Design-Budget-Hotel. „Das ist ein smartes, schlankes Konzept“, sagt die Managerin: „Es geht um qualitativ hochwertig­e Zimmer ohne Firlefanz. Bei uns gibt es

keinen Wellnessbe­reich und auch keine Kofferträg­er.“Jung, modern, stylish, das sind die Schlagwort­e.

Das gilt auch für’s Recruiting. „Das läuft bei uns auch ganz locker, oft über WhatsApp oder andere Kanäle.“Daher wollte sie

bei der Personalsu­che auch einfach „Party machen“, konkret eine Baustellen­party zwischen halbfertig­er Ausstattun­g, verhüllten Lampen und noch nicht fertigen Bodenbeläg­en. Wer sich für einen Job im Cocoon interessie­rte, war herzlich willkommen, einfach vorbeizusc­hauen und bei Getränk, Brötchen und Musik über die Jobvorstel­lungen zu plaudern. Das Bewerben sollte möglichst

niederschw­ellig erfolgen. „Wir haben in unserer Branche einen Fachkräfte­mangel“, betont Harrer: „Deshalb sind wir überzeugt, dass man als Arbeitgebe­r modern auftreten muss.“So war bei der Party auch eine Schulklass­e der Hotel- und Gastgewerb­e-Berufsschu­le Obertrum dabei. „Wir müssen ja auch in Zukunft am Ball bleiben“, erzählt die rührige Chefin: „Wir haben viele Leute, die kommen und sich interessie­ren. Man

muss sich um die Menschen kümmern, dann bleiben sie auch. Die Branche ist geil zu arbeiten.“Man müsse als Arbeitgebe­r

dem nur entspreche­n. „Wir finden uralte

Vorstellun­gsgespräch­e einfach nicht mehr zeitgemäß.“Mit der Baustellen­party hat sich eine ungezwunge­ne Form der Kommunikat­ion gefunden. Viele Interessie­rte hätten etwa Sprachprob­leme, denen man mit Sprachkurs­en entgegenwi­rkt. Dafür winkt ein Job mit 26 Urlaubstag­en, alle zwei Jahre kommen zwei weitere Tage hinzu. Weitere Benefits sind kostenlose Getränke, Frühstück, „Family & Friends“-Raten sowie Ermäßigung­en für Konsumatio­nen.

Doch bei aller Ungezwunge­nheit und Lockerheit im Umgang auch direkt mit der Direktorin – eines ändert sich natürlich nicht: Man muss seine Leistung im Job erbringen. Harrer: „Natürlich gibt es Regeln, etwa nicht zu spät zu kommen. Es ist ein Geben-und-Nehmen-Prinzip.“Man müsse sich auch im Klaren sein, dass ein Hotel sieben Tage die Woche geöffnet ist, das bedeutet

unter anderem, am Wochenende zu arbeiten. „Viele Arbeitnehm­er haben heute höhere Ansprüche, aber auch die Gäste haben höhere Ansprüche.“Als Mitarbeite­r könne man mit der Geschäftsf­ührung auf Augenhöhe kommunizie­ren, dass heiße aber nicht, dass man seine Aufgaben nicht ordentlich erfüllen müsse.

Mit der Baustellen­party sendet das Cocoon ein deutliches Zeichen, dass Recruiting und Mitarbeite­rführung heute ganz anders sein sollen, als das bisher der Fall war.

Harrer: „Die Party haben wir über Fachpresse, Social Media oder auch die ,Salzburger Nachrichte­n‘ beworben.“Parallel zum direkten, ungezwunge­nen Plaudern werden auch

bei Onlinebewe­rbungen die Qualifikat­ionen geprüft. Die Herausford­erung für das neue Team ist aber, das Konzept auch außerhalb von München umzusetzen.

Wichtig ist die Weiterbild­ung, neben internen Trainings und Workshops werden externe Fortbildun­gen oder Sprachkurs­e finanziell unterstütz­t. Dazu gehört es auch, Lehrlinge auszubilde­n, zehn bis 15 sind es in der Hotelgrupp­e. Doch gibt es dafür auch in

Salzburg genügend Interessie­rte? Harrer: „Man bekommt schon gute Leute, wenn

man als Arbeitgebe­r weiß, was man tut.“

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Auch eine Berufsschu­lklasse war zu Besuch auf der Baustellen­party.
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BILD: SN/COCOON/SCHREGLMAN­N

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