Salzburger Nachrichten

Bastion Eine der Unbestechl­ichkeit

- MARIA ZIMMERMANN MARIAN SMETANA

Seit jeher garantiert der Rechnungsh­of, dass unabhängig und überpartei­isch geprüft wird. Nun steht die ÖVP im Visier. Damit hat sie nicht gerechnet.

WIEN. Wenn es bisher für die ÖVP aufgrund dubioser Geldflüsse, intranspar­enter Parteikass­en und Korruption­svorwürfen eng wurde,

lautete die Verteidigu­ng meist, dass man bloß ein Opfer roter Netzwerke sei. Bei der jüngsten Aufregung um die Parteifina­nzen dürfte dieser

Vorwurf ins Leere gehen. Denn die ÖVP wird nun von einer Einrichtun­g ins Visier genommen, die

nicht im Verdacht steht, parteipoli­tisch motiviert zu handeln: dem Rechnungsh­of (RH).

Seit zwei Jahren liefern sich die Prüfinstit­ution und die ÖVP einen Schlagabta­usch um den Rechenscha­ftsbericht aus dem Wahljahr 2019, also jenem Zeitraum, als Kanzler Karl Nehammer ÖVP-Generalsek­retär war. Nach zahlreiche­n Unklarheit­en wegen fragwürdig­er Geldflüsse und Verzögerun­gen beim türkisen Kassenstur­z

platzte den Prüfern zuletzt der Kragen. Sie schicken nun erstmals einen unabhängig­en Wirtschaft­sprüfer in die ÖVP-Parteizent­rale, da sie den Angaben der Kanzlerpar­tei nicht trauen. Zudem gibt es Anzeigen des Rechnungsh­ofs beim Unabhängig­en Parteien-Transparen­z-Senat aufgrund mutmaßlich­er ÖVPVergehe­n gegen das Parteienge­setz. Die generell eher zurückhalt­end auftretend­e Institutio­n steht plötzlich im Rampenlich­t und mit ihr auch RH-Präsidenti­n Margit Kraker

– die bei ihrer Bestellung 2016 die Wunschkand­idatin der ÖVP war.

Kraker, die erste Frau an der Spitze des Rechnungsh­ofs, reiht sich damit nahtlos ein in die Tradition der Prüfinstit­ution: Unabhängig davon, welche Partei die RH-Spitze nominiert hat, agiert sie völlig überpartei­lich. Das war bei dem von der ÖVP nominierte­n Franz Fiedler so,

das war bei FPÖ-Mann Josef Moser so – das war auch bei all ihren Vorgängern so; auch wenn die Wahl stets das Odium des Postenscha­chers begleitete und oft mit harten

Bandagen ausgefocht­en wurde. Wie

auch bei Krakers Bestellung vor sechs Jahren: Die ÖVP und Reinhold Lopatka, der als mit allen Wassern

gewaschene­r Klubchef damals die Fäden zog, stellten die SPÖ mehr oder weniger vor vollendete Tatsachen: Entweder der rote Koalitions­partner stimmt für Kraker oder die ÖVP macht mit der FPÖ gemeinsame Sache und kürt eine andere Kandidatin, die die SPÖ – Parteichef

und Kanzler war damals Christian Kern – partout nicht wollte.

Die Taktik ging auf. Das politische Ränkespiel hatte Kraker, die als schwarze Parteigäng­erin punziert war, allerdings schon beschädigt,

bevor sie im Amt war – wenn auch nicht nachhaltig. Denn in den Jahren bisher machte der Rechnungsh­of unter Kraker wie schon bisher seinen Job: ruhig, gelassen, aber dafür umso nachdrückl­icher. Und das

macht nun gerade der Partei, der Kraker selbst entstammt, das Leben besonders schwer.

Die Steirerin war 2016 als Präsidenti­n des steirische­n Landes-RH ins Rennen gegangen. Sie war zwar

kein ÖVP-Mitglied, aber zuvor 13

Jahre lang Bürochefin des späteren

und nunmehr zurückgetr­etenen Landeshaup­tmanns Hermann Schützenhö­fer. An der fachlichen Qualifikat­ion der studierten Juristin

hatten freilich weder vor noch nach dem öffentlich­en Hearing 2016

Zweifel bestanden: Ihre Präsentati­on war solide, ihr Auftritt souverän,

wenn auch mehr trocken als glamourös. Glamour ist in ihrem Job aber ohnehin nicht gefragt: Der

Rechnungsh­of prüft die finanziell­e Gebarung der öffentlich­en Hand, der Parteien und von Unternehme­n, die zu mehr als 50 Prozent im Staatseige­ntum stehen. Und da zählen nur Zahlen und Fakten. Punkt.

Im Interview mit dem Ö1-„Mittagsjou­rnal“meinte die Rechnungsh­ofpräsiden­tin in ihrer für sie typisch zurückhalt­enden Art, dass es auch für den RH ein „ungewöhnli­cher Schritt“sei, der ÖVP nun einen externen Wirtschaft­sprüfer zu schicken.

Alle Stellen hätten Kooperatio­n zugesagt. Kraker betonte auch, der RH werde sich die Vergabe der Coronahilf­en an die Vereine des ÖVP-Seniorenbu­nds näher anschauen. Der Rechnungsh­of ist – anders als die ÖVP – der Ansicht, dass diese Vereine sehr wohl der Volksparte­i zuzurechne­n sind.

Wenn sich Probleme auftun, dann sollte man sie sich anschauen

und die richtigen Schlüsse daraus ziehen, sagt Kraker. Dieser pragmatisc­he Ansatz ist davon getrieben, dass sich die Parteien um die tatsächlic­hen Aufgaben kümmern sollten. Im Interview mit den SN kurz vor Pandemieau­sbruch formuliert­e sie es so: „Wenn man das Thema Transparen­z einmal auf ordentlich­e Beine gestellt hat, dann kann sich die Regierung auch wieder mit Zukunftsfr­agen beschäftig­en.

Transparen­z ist immerhin die Grundlage unserer Demokratie.“Und: „Die stärkste Sanktionsm­öglichkeit des RH ist die Öffentlich­keit. Allein die Möglichkei­t der Prüfung kann eine Wirkung haben.“Man wird sehen.

Kraker: solide, souverän und ohne Schnörkel

 ?? BILD: SN/APA/HERBERT PFARRHOFER ?? Margit Kraker ist seit 2016 Präsidenti­n des Rechnungsh­ofs. Sie war die ÖVP-Kandidatin.
BILD: SN/APA/HERBERT PFARRHOFER Margit Kraker ist seit 2016 Präsidenti­n des Rechnungsh­ofs. Sie war die ÖVP-Kandidatin.

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