Salzburger Nachrichten

Die Menschen in der Ukraine brauchen eine Perspektiv­e

- Ulrich Krökel AUSSEN@SN.AT

In normalen Zeiten würden sich alle Debatten über eine EU-Mitgliedsc­haft der Ukraine von selbst erledigen. Das Land ist Lichtjahre

von jeder Beitrittsr­eife entfernt. Zumal die russische Militärmas­chine nicht nur Menschen tötet

und Städte zerstört. Sie trifft auch die Kiewer Reformpoli­tik ins

Mark. Der Kriegszust­and ist mit EU-konformer Rechtsstaa­tlichkeit nicht in Einklang zu bringen.

Die Zeiten sind aber nicht normal. Deshalb ist es absolut richtig, dass die EU ernsthaft überlegt, der Ukraine den Kandidaten­status zu verleihen. Natürlich wäre das

vor allem ein symbolisch­er Akt. Schließlic­h kann derzeit niemand mit Gewissheit sagen, ob die Ukraine den Krieg übersteht. Der russische Präsident Wladimir Putin jedenfalls hat sein Ziel, das

Nachbarlan­d als Staat von der Landkarte Europas zu tilgen, keineswegs aufgegeben.

Umso wichtiger ist es, der Ukraine und ihren Menschen zur Seite zu stehen – mit Waffen, aber auch mit dem Verspreche­n einer EU-Perspektiv­e. Die Kampfmoral im Land ist ja nicht nur deshalb so hoch, weil es ums nackte Überleben geht. Mehr noch stehen Freiheit und Würde auf dem Spiel.

Genau in diesem Sinn ist der russische Angriff auf die Ukraine auch ein Angriff auf den Rest Europas. Denn Putin hat ganz grundsätzl­ich den Werten der liberalen Demokratie den Krieg erklärt.

Die Ukraine muss deshalb schnellstm­öglich den Kandidaten­status bekommen. Das ist es, was der deutsche Kanzler Olaf Scholz,

Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron und Italiens Premier Mario Draghi im Gepäck haben müssen, wenn sie demnächst nach

Kiew reisen sollten.

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