So schön, wie du dich fühlst
Das Anime-Meisterwerk „Belle“von Mamoru Hosoda im Kino.
WIEN. Seit ihre Mama in einem Fluss ertrunken ist, ist Suzu eine
Außenseiterin. Einsilbig, schüchtern, ein Mauerblümchen, dessen einzige Freundin es nicht
leicht hat, Suzu gelegentlich aufzumuntern. Und es gibt einen
Kindheitsfreund, aber der ist zum umschwärmten Schulsportstar geworden. Doch in „Belle“(derzeit im Kino) existiert noch eine zweite Welt, ein Soziale-Medien-Metauniversum namens U (gesprochen wie „You“, also „Du“), in der sich jeder Mensch so zeigen kann, wie er oder sie sich innerlich fühlt: als Fabeltier, als Kätzchen, als Superheld. Oder eben als wunderschöne
Belle, die alle bezaubert. Damals, als sie Halbwaise wurde, hat
Suzu ihre Singstimme verloren, aber in U bekommt sie die Chance, sich als singende Belle neu zu erfinden.
U ist eine Welt, die den Parallelrealitäten etwa von TikTok, Metaverse oder Steam-Chats nahe kommt, jenen Wirklichkeiten, in der jene Version der Persönlichkeit zählt, die ein Teenager
von sich selbst erzählen will. Doch auch in U gibt es Neid, Mobbing und Hass. Belles Konzerte werden von einem Drachen
gestört, einem Biest, gegen das sich die selbst ernannten Aufpasser von U zusammenrotten. Doch Belle merkt, dass die Wut des Drachen aus einem geheimen Schmerz stammt. Die Konstellation erinnert an „Die Schöne und das Biest“um das mutige Mädchen und das aufgrund von
Kränkungen gewalttätig gewordene Biest. Regisseur Mamoru Hosoda löst die Vorlage jedoch
ganz anders auf. Eindrucksvoll ist die formenreiche Darstellung
von U, jener magischen Welt, die immer so nah ist wie das nächste Smartphone.
Belle. Anime, Japan 2021. Regie: Mamoru Hosoda.