Ein Festspiel für Fendrich
Klassiker des Austropop: Mit dem Orchester der Philharmonie Salzburg begibt sich Rainhard Fendrich in Salzburg auf Zeitreise durch seinen großen Werkkatalog.
SALZBURG. Jetzt sind wieder die Streicher dran: Mit spitzen Akzentuierungen unterstreichen sie den süffisanten Tango-Tonfall, den
Rainhard Fendrich vorgibt. Im Großen Festspielhaus wird der Hit des
Austropopstars von 1988 mit entsprechend großem Hallo begrüßt.
Das liegt auch an der Zeitlosigkeit des Themas. „Manche Lieder büßen irgendwann ihre Aktualität ein, dieses hier nicht“, sagt Rainhard Fendrich, bevor er den „Tango Korrupti“anstimmt und im Takt des schummrigen Tanzes über Korruption und Machtmissbrauch singt.
Die Euphorie seiner Fans gilt nicht nur dem Wiederhören mit einem Fendrich-Klassiker, sondern auch der Umsetzung: Mit Band und dem Orchester der Philharmonie
Salzburg steht der Sänger im Festspielbezirk auf der Bühne. An zwei
Abenden in Folge ist das Große Festspielhaus fast ausverkauft, im Juli folgt die Fortsetzung ebenfalls vor klassischer Kulisse, im Ehrenhof von Schönbrunn (3. 7., 20.30 Uhr).
Wenn Pop und Klassik miteinander ein Tänzchen wagen, treffen auch die verschiedenen Konzertrituale aufeinander: „Psst jetzt!“, raunt ein einsamer Mahner zu Beginn,
als schon die ersten Takte der Philharmonie Salzburg mit Christian Kolonovits als Dirigent launig
begrüßt werden. Das ist freilich aussichtslos, erst recht, als dann Fendrich auf die Bühne kommt.
Über das einst angespannte Verhältnis der Klassik zur U-Musik hat er selbst ebenfalls einmal einen Hit
geschrieben: „I soll a Menuett spieln von an Notenblatt, weil alles andere er mir verboten hat“, hieß es im Song „I kann kane Noten“. Im
Jahr 2022 hingegen sind Popsongs im symphonischen Gewand freilich
längst nichts Exotisches mehr, sondern im Gegenteil (wieder) groß im
Trend: Von Seiler und Speer bis zu den Seern und von Iggy Pop bis Robbie Williams reicht die Liste.
Rainhard Fendrich spannt aber auch dramaturgisch einen großen
Bogen. Es ist eine Show, die fast Opernlänge erreicht. Drei Stunden (mit Pause) führt der 67-jährige
Austropopper, Liedermacher und Moderator durch seinen umfangreichen Werkkatalog und gibt sich dabei nicht mit einem Best-of zufrieden, sondern wählt oft Songs im
Tempo der Nachdenklichkeit, denen die orchestrale Erweiterung immer wieder neue Räume eröffnen kann. Auf ein flottes „Wien bei Nacht“zur Eröffnung folgen bald ein elegischer „Frühling in Berlin“
und ein orchestral breit ausgekosteter „Rattenfänger“.
Für ein routiniertes Symphonieorchester ist das Spielen von PopArrangements manchmal nur ein kleiner Schritt, für die Songs ist es in puncto Klangfarbenvielfalt bisweilen ein großer Sprung. Die Philharmonie Salzburg ist (etwa durch Auftritte mit den Seern oder sogar
beim Electric Love Festival) mit Crossover vertraut, und Christian Kolonovits ist als Komponist und
Arrangeur ein Vorreiter des Poptrifft-Klassik-Genres, das in den 1980er-Jahren schon einmal seine Blüte erlebte. Als Dirigent im Projekt „Fendrich Symphonie“hat er das Staberl in der Hand und einen
Kopfhörer über den Ohren, um das Orchester mit der Band zu synchronisieren. Als Joker und Verbindungsmann in der Besetzung schafft Saxofonist Martin Fuss mit strahlkräftigen Soli immer wieder spielend die Verbindung zwischen den Sphären. Im Song „Kein schöner Land“
hat auch die E-Gitarre ein Zwiegespräch mit dem Orchester, das manchmal breite Flächen legt, manchmal mit Klangtupfern akzentuiert, manchmal in musicalhafter Breite agiert sowie drei Lieder zur Suite verbindet: „A winzig klaner Tropfen Zeit“, „Die Welt ist groß“
und „Macht Euch die Erde untertan“stehen auch für die zwischendrin immer wieder zurückgenommene Atmosphäre des Abends, an dem auch Songs der nostalgischen
Rückschau oder Gedanken über Gliederschmerzen („September ist meine Zeit“) Platz finden.
Fendrich selbst ist nicht nur in Spiel- und Moderatorenlaune, sondern auch gesanglich auf der Höhe. Bei Klassikern des Austropop-Kanons wie „Vü schena is des Gfühl“, „Es lebe der Sport“oder „Midlife Crisis“wird da mitgeklatscht, wie es
in symphonischen Hallen sonst eher beim „Radetzkymarsch“zu erleben ist. Als Intro zu einem groß inszenierten „I Am From Austria“
lässt Kolonovits dafür ein paar Takte „Donauwalzer“anspielen.
Was mit der Frage „Haben Sie Wien schon bei Nacht gesehen?“
begonnen hat, endet in Salzburg schließlich ebenfalls nächtlich: Nach Standing Ovations und mehreren Zugaben werden der Austropopstar und das Orchester um 23 Uhr von der Bühne gelassen.
Auch Robbie Williams mag es symphonisch