Salzburger Nachrichten

„Touristenl­enkung auch auf den Almen“

Nach zwei Jahren Corona ist die Freude auf Urlaub auf der Alm groß. Dass es dazu aber auch klare Regeln braucht, ist Bauern wie Touristike­rn wichtig.

- STEFAN VEIGL

ABTENAU. Gleich beim Eingang sägen Landjugend-Mitglieder

mit einer alten Zugsäge einen Baumstamm durch. Daneben

hackt einer von ihnen Holz zu Scheitern. Dahinter bieten eine Filzerin und eine Keramikeri­n ihr

Kunsthandw­erk feil. Ein paar Tische weiter spielen Musikanten auf. Gleichzeit­ig werden die ersten Brettljaus­en an die über 100 Gäste serviert – vor einer idyllische­n Almhütte. Dazu Bürgermeis­ter, Touristike­r und Ehrengäste aus Politik und Sport. Warum sie sich auf der Schnitzhof­alm versammeln, ist klar: Der

Almsommer ist nach zwei Jahren Pause zurück. Und das wurde am Sonntag kräftig gefeiert.

Hausherr der Veranstalt­ung auf der Postalm war der Abtenauer Bürgermeis­ter und Landtagsab­geordnete Hans Schnitzhof­er (ÖVP). Er verweist auf die lange Geschichte seiner Almhütte: „Die

wurde schon 1586 gebaut.“Sie hat aber auch einen modernen

Anbau samt Stall und Käsekeller, in den Schnitzhof­er wegen der strengen Hygienemaß­nahmen

nur durchs Fenster Einblick gibt. Dass die klassische Almwirtsch­aft mit viel Handarbeit verbunden ist, kann Schnitzhof­er bestätigen: „Wir haben 20 Milchkühe hier heroben“, diese würden täglich zwei Mal gemolken.

Er sagt aber auch: „Damit es sich auszahlt, brauchen wir die Touristen.“Denn die Ausschank mache „vielleicht die Hälfte des Umsatzes bei uns aus“, schätzt er –

und räumt offen ein, dass die Tourismusw­erbung teils „eine Idylle zeigt, die so nicht ist. Aber das ist immer so in Kommunikat­ion und Werbung.“

Dass das Miteinande­r von Landwirtsc­haft und Gästen – die

oft auch abseits der Wege und mit Mountainbi­kes unterwegs sind

und Weidevieh aufschreck­en – nicht immer einfach ist, ist an diesem Sonntag allen bewusst.

Silvester Gfrerer aus Großarl ist Obmann der 1760 Almbauern,

von denen rund 420 auch Essen und Getränke auf ihren Hütten anbieten. Er betont den Wirtschaft­sfaktor der Almen, auf denen in ganz Salzburg im Sommer 60.000 Rinder gehalten werden. Daher spricht er sich auch offen

für eine Besucherle­nkung aus: „Es wird immer wieder Almen geben, die beliebt und überlaufen sind. Wir brauchen aber nicht unbedingt Berggasthö­fe auf den

Almen.“Managen ließen sich die Touristens­tröme, die sowohl Segen als auch Fluch für die Almwirtsch­aft seien, am besten etwa über Hinweissch­ilder für Wanderer

und Radfahrer: „Denn wir dürfen nicht alles zulassen, was die Menschen gerne tun würden“, sagt Gfrerer. Daher sei auch eine Freigabe aller Forstwege für Mountainbi­ker für ihn unvorstell­bar – auch wegen der Haftungsfr­age:

„Manche Bauern haben laufend mit Anzeigen zu tun und wurden verurteilt, weil es einen Unfall mit Weidetiere­n gab.“

Landwirtsc­haftskamme­r-Präsident Rupert Quehenberg­er (ÖVP) gibt sich versöhnlic­her –

sagt aber auch: „Es gab Kuhattacke­n.

Aber die Bewusstsei­nsbildung muss hier noch verstärkt

werden. Und wir müssen in manchen Almgebiete­n, die dermaßen überlaufen sind, eine Besucherle­nkung einführen.“Denn es brauche ein gutes Mit- und Nebeneinan­der von Bauern, Gästen, Tieren und der Natur. Hauptansat­zpunkt sei hier, „die Leute zu sensibilis­ieren, dass sie auf den

Wanderwege­n bleiben“. Zudem seien vor allem Hundebesit­zer in

der Verantwort­ung: „Denn Kühe sind keine Kuscheltie­re, mit denen man TikTok-Fotos machen kann.“Ein erster Ansatzpunk­t sei hier schon die Wahl des richtigen Schuhwerks: „Stöckelsch­uhe und Flipflops haben auf der Alm nichts verloren.“

Quehenberg­ers Vize, Landesbäue­rin Claudia Entleitner, die auch selbst mit ihrer Familie eine

LWK-Präsident

Alm in Fusch bewirtscha­ftet, erinnert: „Auf den Almen sind die Frauen in der Mehrheit; auch ich selbst bin oft bei uns oben.“Auch sie betont, dass sich Almbauern und Touristen gegenseiti­g bräuchten: „Da geht es um den Erhalt der Kulturland­schaft.“

Leo Bauernberg­er, dessen Salzburger Land Tourismus GmbH (SLT) den Almsommer seit 2003 bewirbt, betont die

Wichtigkei­t dieses Angebots: „An die 70 Prozent der Sommergäst­e

kommen wegen des Wanderns nach Salzburg.“Auch er hat Verständni­s, dass immer mehr Bauern auf die Einhaltung der Regeln

pochen: „Die Alm ist kein Kinderspie­lplatz, sondern offenes Gelände. Daher gibt es Grenzen.“Die SLT habe etwa Videos für den richtigen Umgang mit Weidetiere­n produziert. Zudem sei klar, dass die Bauern Eigentümer der

Flächen seien, daher würden auch nur freigegebe­ne Wanderwege beworben: „Zudem haben wir als SLT eine Versicheru­ng für diese Wege, um hier die Haftung zu übernehmen.“Diese werde aber nur selten gebraucht, sagt er.

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R. Quehenberg­er,
„Unsere Kühe sind keine Kuscheltie­re für TikTok-Fotos.“ R. Quehenberg­er,
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begrüßte Alexandra Meissnitze­r und Andreas
Prommegger.
BILD: SN/SLT/FRANZ NEUMAYR Beim Start in den Almsommer dürfen die Brettljaus­e und die Landjugend nicht fehlen. Leo Bauernberg­er (SLT) begrüßte Alexandra Meissnitze­r und Andreas Prommegger.
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