„Touristenlenkung auch auf den Almen“
Nach zwei Jahren Corona ist die Freude auf Urlaub auf der Alm groß. Dass es dazu aber auch klare Regeln braucht, ist Bauern wie Touristikern wichtig.
ABTENAU. Gleich beim Eingang sägen Landjugend-Mitglieder
mit einer alten Zugsäge einen Baumstamm durch. Daneben
hackt einer von ihnen Holz zu Scheitern. Dahinter bieten eine Filzerin und eine Keramikerin ihr
Kunsthandwerk feil. Ein paar Tische weiter spielen Musikanten auf. Gleichzeitig werden die ersten Brettljausen an die über 100 Gäste serviert – vor einer idyllischen Almhütte. Dazu Bürgermeister, Touristiker und Ehrengäste aus Politik und Sport. Warum sie sich auf der Schnitzhofalm versammeln, ist klar: Der
Almsommer ist nach zwei Jahren Pause zurück. Und das wurde am Sonntag kräftig gefeiert.
Hausherr der Veranstaltung auf der Postalm war der Abtenauer Bürgermeister und Landtagsabgeordnete Hans Schnitzhofer (ÖVP). Er verweist auf die lange Geschichte seiner Almhütte: „Die
wurde schon 1586 gebaut.“Sie hat aber auch einen modernen
Anbau samt Stall und Käsekeller, in den Schnitzhofer wegen der strengen Hygienemaßnahmen
nur durchs Fenster Einblick gibt. Dass die klassische Almwirtschaft mit viel Handarbeit verbunden ist, kann Schnitzhofer bestätigen: „Wir haben 20 Milchkühe hier heroben“, diese würden täglich zwei Mal gemolken.
Er sagt aber auch: „Damit es sich auszahlt, brauchen wir die Touristen.“Denn die Ausschank mache „vielleicht die Hälfte des Umsatzes bei uns aus“, schätzt er –
und räumt offen ein, dass die Tourismuswerbung teils „eine Idylle zeigt, die so nicht ist. Aber das ist immer so in Kommunikation und Werbung.“
Dass das Miteinander von Landwirtschaft und Gästen – die
oft auch abseits der Wege und mit Mountainbikes unterwegs sind
und Weidevieh aufschrecken – nicht immer einfach ist, ist an diesem Sonntag allen bewusst.
Silvester Gfrerer aus Großarl ist Obmann der 1760 Almbauern,
von denen rund 420 auch Essen und Getränke auf ihren Hütten anbieten. Er betont den Wirtschaftsfaktor der Almen, auf denen in ganz Salzburg im Sommer 60.000 Rinder gehalten werden. Daher spricht er sich auch offen
für eine Besucherlenkung aus: „Es wird immer wieder Almen geben, die beliebt und überlaufen sind. Wir brauchen aber nicht unbedingt Berggasthöfe auf den
Almen.“Managen ließen sich die Touristenströme, die sowohl Segen als auch Fluch für die Almwirtschaft seien, am besten etwa über Hinweisschilder für Wanderer
und Radfahrer: „Denn wir dürfen nicht alles zulassen, was die Menschen gerne tun würden“, sagt Gfrerer. Daher sei auch eine Freigabe aller Forstwege für Mountainbiker für ihn unvorstellbar – auch wegen der Haftungsfrage:
„Manche Bauern haben laufend mit Anzeigen zu tun und wurden verurteilt, weil es einen Unfall mit Weidetieren gab.“
Landwirtschaftskammer-Präsident Rupert Quehenberger (ÖVP) gibt sich versöhnlicher –
sagt aber auch: „Es gab Kuhattacken.
Aber die Bewusstseinsbildung muss hier noch verstärkt
werden. Und wir müssen in manchen Almgebieten, die dermaßen überlaufen sind, eine Besucherlenkung einführen.“Denn es brauche ein gutes Mit- und Nebeneinander von Bauern, Gästen, Tieren und der Natur. Hauptansatzpunkt sei hier, „die Leute zu sensibilisieren, dass sie auf den
Wanderwegen bleiben“. Zudem seien vor allem Hundebesitzer in
der Verantwortung: „Denn Kühe sind keine Kuscheltiere, mit denen man TikTok-Fotos machen kann.“Ein erster Ansatzpunkt sei hier schon die Wahl des richtigen Schuhwerks: „Stöckelschuhe und Flipflops haben auf der Alm nichts verloren.“
Quehenbergers Vize, Landesbäuerin Claudia Entleitner, die auch selbst mit ihrer Familie eine
LWK-Präsident
Alm in Fusch bewirtschaftet, erinnert: „Auf den Almen sind die Frauen in der Mehrheit; auch ich selbst bin oft bei uns oben.“Auch sie betont, dass sich Almbauern und Touristen gegenseitig bräuchten: „Da geht es um den Erhalt der Kulturlandschaft.“
Leo Bauernberger, dessen Salzburger Land Tourismus GmbH (SLT) den Almsommer seit 2003 bewirbt, betont die
Wichtigkeit dieses Angebots: „An die 70 Prozent der Sommergäste
kommen wegen des Wanderns nach Salzburg.“Auch er hat Verständnis, dass immer mehr Bauern auf die Einhaltung der Regeln
pochen: „Die Alm ist kein Kinderspielplatz, sondern offenes Gelände. Daher gibt es Grenzen.“Die SLT habe etwa Videos für den richtigen Umgang mit Weidetieren produziert. Zudem sei klar, dass die Bauern Eigentümer der
Flächen seien, daher würden auch nur freigegebene Wanderwege beworben: „Zudem haben wir als SLT eine Versicherung für diese Wege, um hier die Haftung zu übernehmen.“Diese werde aber nur selten gebraucht, sagt er.