Tiefer Frust bei Höll und ein Steirer im siebten Himmel
Die Lokalmatadorin bleibt in Leogang vom Pech verfolgt. Nach zwei Stürzen flossen die Tränen bei der Saalbacherin. Jubeln durfte Andreas Kolb über ein historisches Ergebnis.
LEOGANG. Wie ein Häufchen Elend saß Vali Höll nach ihrem missglückten Lauf am Samstagmittag in Zielraum. Zahlreiche Umarmungen von Kolleginnen, Freunden und Familienangehörigen waren nur ein schwacher Trost für die Weltcupsiegerin im Mountainbike-Downhill. Die souveräne Siegesfahrt ihrer Schweizer Freundin Camille Balanche registrierte sie gar nicht, zu tief saß die Enttäuschung über den erneut verhauten Heimweltcup bei der Saalbacherin. Gleich zwei Stürze auf dem selektiven Kurs am Asitz zerstörten frühzeitig den Traum vom Heimsieg. Seit ihrem Aufstieg in die Eliteklasse wird die 20-Jährige in Leogang vom Pech verfolgt.
Zumindest Rang sechs, 24 Sekunden hinter Balanche, rettete Höll ins Ziel. Bei schwierigen Streckenbedingungen waren fast alle Elite-Frauen in Schwierigkeiten gewesen. Die Salzburgerin startete als Vorletzte, angefeuert
von einer großen Fanschar. „Fast as Höll“verkündete ein Transparent im Ziel, lebensgroße Pappkarton-Valentinas wurden geschwenkt. Dann ein Aufschrei
des Entsetzens: Schon nach 1:15 Minuten stürzte sie im oberen
Streckenabschnitt. Sie konnte aber weiterfahren und blieb auf Tuchfühlung zur bis dahin führenden Myriam Nicole. Im besonders kniffligen unteren Teilstück im Wald mit Wurzelpassagen legte die 20-jährige Salzburgerin aber einen Salto hin und rappelte sich erst mühsam wieder auf, ehe sie sich kopfschüttelnd über die Ziellinie kämpfte.
„Ich probier es immer wieder und weiß nicht, warum es mir
hier so schwer gemacht wird“,
klagte Valentina Höll, nachdem sie zuvor im Zielraum am Boden
gesessen war und minutenlang ihr Gesicht in den Händen vergraben hatte. Bei der WM 2020
war sie beim Einfahren schwer gestürzt, im Weltcup 2021 war sie im Zielhang weggerutscht. „Die Strecke war bei jedem Run anders. Dazu kommt, dass sie oben trocken und unten sehr schlammig ist. Man muss bei der Reifenwahl einen Kompromiss finden.“
Höll war bemüht, optimistisch nach vorn zu schauen: „Es sind noch einige Rennen im Weltcup, noch ist nichts verloren. Aber es nervt mich extrem, dass es in den
bisherigen Saisonläufen noch nicht so geklappt hat wie erhofft.“Die Plätze vier und fünf hatten in Lourdes und Fort William herausgeschaut. Dank der Zusatzpunkte für die Qualifikationsergebnisse rangiert die Salzburgerin in der Gesamtwertung auf Platz drei (460 Punkte) hinter
Balanche (685) und Nicole (555). Nächste Weltcupstation ist Anfang Juli Lenzerheide (SUI).
Höll sprach auch die besonderen Herausforderungen des
Heimrennens an: „Es ist schon extrem viel Druck. In der ganzen
Region hängt mein Gesicht auf den Plakaten. Es sind viele Freunde und die Familie da, was mich zwar freut, aber auch zusätzlichen Druck bringt. Mir kommt vor, ich enttäusche die alle.“
Eine Stunde später bewirkte Andreas Kolb aus Schladming das exakte Gegenteil. Dabei rangierte er als Fünfter des MännerDownhills nur um einen Platz
besser als Höll. Doch damit war der 26-Jährige, dem nur 2,4 Sekunden auf Sieger Matt Walker (GBR) fehlten, die große Sensation. Noch nie war ein Österreicher in einem Downhill-Weltcuprennen der Männer besser platziert. Kolb selbst hatte bislang einen elften Platz als Topresultat zu Buche stehen. Entsprechend euphorisch fiel seine Reaktion aus: „Ein Traum, gerade hier so ein Resultat zu holen. Danke an alle Fans und Freunde, die mich angefeuert haben. Ihr habt mich förmlich ins Ziel getragen und gefeiert
wie einen Rockstar. Das ist der glücklichste Tag meines Lebens.“Sein steirischer Landsmann David Trummer, 2020 an gleicher Stelle Vizeweltmeister, wurde 13.
Großer Gewinner des Wochenendes war die Region SaalfeldenLeogang. 25.000 Weltcupbesucher und Traumwetter ließen die
harten Coronajahre mit Zuschauerbeschränkungen vergessen.