Inflation reißt Löcher in Kulturbetriebe
Weil Subventionsgeber Lohn- und Preiserhöhungen seit Langem nur im Nachhinein und nur teilweise abgelten, braut sich Unbill zusammen. „Mittelfristig wird das Problem groß.“
SALZBURG, WIEN. Es zeichnet sich ein Sommer der Superlative ab,
wenigstens was das Interesse des Publikums der Salzburger Festspiele betrifft. Doch: „Wir sehen Riesenherausforderungen“, gibt der
Kaufmännische Direktor Lukas Crepaz zu. Nach zwei Jahren mit „fundamentalen erlösseitigen Unsicherheiten“wegen der Pandemie bringe nun die Inflation unabsehbare Kostensteigerungen.
Kurzfristig heißt dies: Allein für Energie seien heuer etwa 400.000 Euro an Mehrkosten zu erwarten,
und das, nachdem im Winter wegen Corona fast 600.000 Euro an Mieten für die Festspielhäuser weggefallen sind. Noch gelinge es, dies aufzufangen, sagt Lukas Crepaz
und begründet dies mit Reserven sowie mit dem „fantastischen Ergebnis“der Pfingstfestspiele und dem „besonders erfreulichen Vorverkauf“für den Sommer. Da zeichne sich ab, „dass wir an unser absolutes Rekordjahr 2019 anschließen können“. Allerdings schränkt er ein: „In jetzigen Zeiten muss man sehr vorsichtig sein mit Prognosen.“
Das Publikum der heurigen Salzburger Festspiele wird von der Inflation noch nichts spüren. Die
Kartenpreise sind seit Dezember 2021 publiziert und somit unabänderlich. Doch für 2023 sei nicht auszuschließen, „dass wir die Preise erhöhen müssen“, sagt Lukas Crepaz. Überhaupt ergäben sich „mittelfristig noch viel größere Probleme“– so
groß, dass er vorschlägt, in das derzeit geschnürte Entlastungspaket auch Kulturbetriebe einzubeziehen
– analog zu Direktzuschüssen für energieintensive Unternehmen.
Ähnliches berichtet Alexander Götz vom Josefstädter Theater in
Wien. „Heuer läuft das aus dem Ruder“, sagt der Kaufmännische Direktor über die Kosten. „Wir wissen, dass Holz für die Produktionen teurer wird“; die steigenden Strom
Theater in der Josefstadt
preise schmerzten, denn „Theater wird ja am Abend gespielt, da brauchen wir viel Licht“. Die zu erwartende Preiserhöhung für Fernwärme „wird im Herbst zuschlagen“. Da die Abonnements für die Spielzeit 2022/23 bereits im Verkauf sind, ist keine Preiserhöhung mehr möglich.
Aber „ab der Spielzeit 2023/24 werden wir Preiserhöhungen haben“, kündigt Alexander Götz an.
Auch das Josefstädter Theater hat mitten in den Kostenturbulenzen noch Glück: Zum einen sei das
Publikum zurück, berichtet Alexander Götz. Im Mai 2022 seien etwa so
viele Besucher gekommen wie im Mai 2019. „In den letzten sechs Wochen sind wir wieder auf Normalkurs, das gibt Hoffnung.“Und doch:
Auf die gesamte Spielzeit gerechnet, also seit September, erreichen die Einnahmen etwa die Hälfte vom
Wert vor der Pandemie. Noch ein Glück trägt das Josefstädter Theater durch jetzige Turbulenzen: Im Vorjahr haben Bund und Stadt Wien die stets gedeckelten (also nicht valorisierten, Anm.) Subventionen um 3,1
Mill. Euro pro Jahr erhöht.
Doch solche Subventionserhöhungen sind typischerweise Reaktionen auf Lohnerhöhungen und Kaufkrafteinbußen der
Vergangenheit. Seit Jahren klagen Kulturbetriebe – von freien Gruppen bis zu den Bundestheatern – über die meist auf dem nominellen Vorjahreswert eingefrorene Subvention. Auch wenn die Valorisierung der Kultursubvention längst in Regierungsprogrammen steht, wird dies seit Jahren fast nicht umgesetzt. Beispiel Bundestheater: Seit dem
Vorjahr sei die Basisabgeltung um 13 Mill. auf 176 Mill. erhöht, schildert Geschäftsführer Christian Kircher. Nachdem sie sechs
Jahre lang eingefroren gewesen sei, deckten diese 13 Mill. Euro nicht einmal Lohnerhöhungen
und Inflation dieser Jahre. Trotzdem: Dank Erhöhung und Reserven sei die Saison 22/23 mit bisher geplantem Budget zu bewältigen, wenngleich nur „unter jetzt vorhersehbaren Umständen“, warnt Kircher. „Danach gibt es viele Unbekannte.“Denn: „Letztes Jahr war es eine Unbekannte, nämlich Corona. Heuer haben
wir eine multiple Ungewissheit: Corona, Inflation, Krieg, das Fehlen des kaufkräftigen Tourismus, drohende Energieausfälle.“
Beispiel Salzburger Festspiele: Die Zusatzförderung fürs 100Jahr-Jubiläum von 2 Mill. Euro
wurde 2020 sowie 2021 gewährt und für 2022 großteils beibehalten, sodass Bund, Land, Stadt
und Tourismusfonds heuer 18 Mill. Euro gewähren (nach 16,8 seit 2018). Wäre aber die Subvention seit dem Jahr 2000 bloß um die Inflation angepasst worden,
müsste sie heuer an die 20 Mill. Euro erreichen. In diesen gut zwei Jahrzehnten summiert sich der Kaufkraftverlust auf 57 Mill. Euro, also fast ein ganzes Jahresbudget der Salzburger Festspiele.
„Heuer haben wir multiple Ungewissheit.“Christian Kircher, Bundestheater „Seit sechs Wochen sind wir auf Normalkurs.“Alexander Götz,