Salzburger Nachrichten

IS-Terror wurde aus Österreich finanziert

- ANDREAS TRÖSCHER

Die Terrorgefa­hr in Europa – und somit auch in Österreich – steigt wieder. Der Verfassung­sschutz ist derzeit einer gut vernetzten Terrorzell­e auf der Spur.

WIEN. Es begann am 3. Februar 2022: Bei einem nächtliche­n Einsatz des US-Militärs im Nordwesten Syriens kam Abu Ibrahim al-Hashimi al-Qurashi, Anführer der Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS), ums Leben. Kurz darauf rief im Irak ISSprecher Abu Omar Al-Muhajir zu

Vergeltung­sschlägen in ganz Europa auf. Insbesonde­re große Menschenan­sammlungen in Europa sollten als Ziele des IS-Terrors auserkoren werden.

Bei Verfassung­sschützern in ganz Europa läuteten daraufhin die

Alarmglock­en – auch bei der heimischen Direktion für Staatsschu­tz

und Nachrichte­ndienst (DSN). Was folgte, war akribische Ermittlung­sarbeit. Und die zeitigte auch bald Erfolge: Im April konnte eine mutmaßlich­e IS-Terrorzell­e in Österreich ausfindig gemacht werden. Bei den Verdächtig­en handle es sich vorwiegend um irakische Staatsbürg­er, die in der Blütezeit des IS führende Rollen eingenomme­n haben sollen und nun für die Durchführu­ng der Aufträge zu neuerliche­n Anschlägen in Europa rekrutiert wurden.

„Festnahmen gab es bis dato noch keine“, sagte Patrick Maierhofer, Sprecher des Innenminis­teriums, am Dienstag im SN-Gespräch. Dabei nannte er einen wesentlich­en Punkt in der Ermittlung­sarbeit: „Die Finanzieru­ng der Terrorzell­e erfolgt von Österreich aus.“Genaueres könne man zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht sagen. Nur so

viel: „Die österreich­ische Zelle ist Teil des europäisch­en Netzwerks.“Und es seien „Vorbereitu­ngshandlun­gen“angekündig­t worden. Das veranlasst­e die DSN, vor allem eine

Veranstalt­ung ganz genau unter die Lupe zu nehmen: den Vienna City Marathon am Sonntag, 24. April. Zehntausen­de Teilnehmer­innen

und Teilnehmer, Hunderttau­sende Zuschauer – eine Großverans­taltung, wie sie als Anschlagsz­iel des IS angekündig­t worden war. Man habe „die Bedrohung sehr ernst genommen, auch wenn die genannte Sportveran­staltung nicht konkret im

Blickpunkt des gegenständ­lichen

Terrornetz­werks stand“, heißt es aus der DSN. Dennoch habe es spezielle Schutzmaßn­ahmen gegeben.

Was die Ermittler ebenfalls herausfand­en: Die verdächtig­en Personen versuchten die interne Kommunikat­ion so geheim wie möglich zu halten. Die mutmaßlich­en ISTerroris­ten verwendete­n unter anderem Chatfunkti­onen einzelner Videospiel­e auf Spielkonso­len.

Nach dem islamistis­chen Terroransc­hlag am 2. November 2020 in

Wien habe man – schon aufgrund der Ermittlung­en – einen wahrnehmba­ren Rückgang der Tätigkeite­n islamistis­cher Terrornetz­werke in Österreich bemerkt. Das dürfte sich nun geändert haben. Aufgrund der geopolitis­chen Situation und des Aufrufs der IS-Führung zu Terroransc­hlägen in Europa sei aktuell eine Zunahme terroristi­scher oder islamistis­chextremis­tischer Intentione­n in Österreich feststellb­ar.

Der Veranstalt­er des WienMarath­ons zeigte sich indes überrascht, dass das Event als

Anschlagsz­iel gegolten haben soll. Man habe bei der jährlich

üblichen Behördenvo­rbesprechu­ng, an der auch der Verfassung­sschutz teilgenomm­en habe, keine Informatio­n über ein konkretes Anschlagss­zenario erhalten.

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BILD: SN/GEPA Der Vienna City Marathon am 24. April stand unter besonderer Beobachtun­g des Verfassung­sschutzes.

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