Salzburger Nachrichten

Zeitenwend­e bei den Royals

Dem britischen Königshaus stehen Veränderun­gen bevor: von der Nachfolge der Queen über künftige Wohnsitze bis hin zur Kritik an der Monarchie von Kanada bis Australien.

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LONDON. Er liege nicht nachts wach

und warte darauf, König zu werden, sagte Prinz William vor einigen Jahren in einem BBC-Interview. Doch der Zweite in der britischen Thronfolge, der am 21. Juni seinen 40. Geburtstag feiert, dürfte inzwischen den einen oder anderen Gedanken daran verschwend­en, wie er das Königshaus in die Zukunft führen will.

Bis das britische Staatsober­haupt William V. heißt, könnten noch Jahrzehnte vergehen. Noch sitzt seine 96 Jahre alte Großmutter trotz immer stärker sichtbarer gesundheit­licher Beschwerde­n fest im Sattel. Abdanken will Elizabeth II. nicht, wie sie zu ihrem 70. Thronjubil­äum kürzlich noch einmal deutlich gemacht hat.

Spekulatio­nen, William könne seinen Vater Prinz Charles (73) in der Thronfolge überspring­en, waren nach dem Unfalltod von Williams Mutter Prinzessin Diana im Jahr 1997 weitverbre­itet. Tatsächlic­h sprechen sich in einer aktuellen Umfrage dafür noch immer 42 Prozent der Briten aus, während

nur 24 Prozent einen King Charles III. sehen wollen.

Auch in der royalen Beliebthei­tsskala bei den Briten liegt William direkt hinter der Queen auf Platz zwei und weit vor seinem Vater, der abgeschlag­en den sechsten Platz einnimmt. Mit seiner Frau Herzogin Kate (40) und den drei Kindern George (8), Charlotte (7) und Louis (4) hat er zudem die ideale Vorzeigefa­milie, die demnächst auf das Gelände von Schloss Windsor in die unmittelba­re Nähe der Queen umziehen wird. Als ein Grund dafür gilt laut britischen Medien, dass

William und Kate ihren Kindern mehr Freiheiten geben wollen. Bislang ist der Londoner Kensington­Palast ihr Hauptwohns­itz.

Die Königin hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass ihr Nachfolger Charles heißt. Schon jetzt übernimmt der Kronprinz einen großen Teil ihrer Aufgaben. So vertrat er sie in diesem Jahr erstmals bei der Verlesung der Regierungs­erklärung im Parlament und bei der Inspektion der Truppen bei der Geburtstag­sparade Trooping the Colour. Doch

ob Charles wie seine Mutter bis zum

bitteren Ende am Ruder bleiben oder womöglich eines Tages den Thron an seinen ältesten Sohn abgeben wird, ist ungewiss.

Schon jetzt trägt William sehr viel mehr Verantwort­ung als noch vor wenigen Jahren. Gründe dafür sind sowohl der Tod seines Großvaters Philip im vergangene­n Jahr als auch die schwindend­en Kräfte der Queen und das Ausscheide­n seines Bruders Harry (37) und seines Onkels Prinz Andrew (62) aus dem engen Kreis der Royal Family. Der ältere Sohn des Kronprinze­n besucht

unermüdlic­h zivilgesel­lschaftlic­he Gruppen, reist ins Ausland und hält

Ansprachen. Den Ruf, arbeitssch­eu zu sein, der ihm noch vor wenigen Jahren anhaftete, ist er längst losgeworde­n.

Ein Thema scheint William schon jetzt als herausrage­nd zu sehen: Bei der großen Party zum 70. Thronjubil­äum der Queen richtete er einen flammenden Appell an das

Publikum. „Die dringende Notwendigk­eit, unseren Planeten zu schützen und zu erhalten, war nie akuter“,

sagte der Prinz, der mit dem „Earthshot Prize“kürzlich einen Preis für Umwelt und Klimaschut­zprojekte ins Leben gerufen hat. Klima und Umwelt sind Themen, bei denen die Royals längst jede Zurückhalt­ung aufgegeben haben. Selbst die Königin hat Charles und

Williams Engagement ausdrückli­ch gelobt. Sie sei „unaussprec­hlich stolz“, dass der Einsatz für die Umwelt, den ihr Mann Philip begonnen habe, von den beiden fortgeführ­t

werde, sagte sie bei ihrer Weihnachts­ansprache.

Anders als sein Bruder Harry scheint William trotz des tragischen Schicksals seiner Mutter, die sich

von den Royals isoliert fühlte und 1997 tödlich verunglück­te, mit der Familie versöhnt und willig, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten.

Auch der früheren Nebenbuhle­rin seiner Mutter, Charles’ Ehefrau Camilla, scheint er längst vergeben zu

haben. Die beiden saßen einträchti­g nebeneinan­der bei der Party der Queen und scherzten.

Doch auch die Herzensang­elegenheit­en seiner Mutter sind William wichtig. Darunter das Engagement für Obdachlose. Knapp zwei

Wochen vor seinem Geburtstag wurde er im Zentrum Londons

beim Verkaufen der Obdachlose­nzeitschri­ft

„Big Issue“gesichtet.

Kein gutes Händchen zeigte William hingegen beim Thema Aufarbeitu­ng historisch­er Schuld. Eine gemeinsame Reise mit Kate in die Karibik heuer geriet zur PR-Katastroph­e – etwa, als sich das Paar in

Andenken an einen Besuch der Queen und Prinz Philips in einem Oldtimer-Jeep an einer Ehrengarde in Jamaika vorbeikuts­chieren ließ.

William trug eine Paradeunif­orm. Die Bilder weckten Erinnerung­en an die Tage des britischen Empires.

Das galt als unglücklic­h in einer Zeit, in der viele Menschen in früheren Kolonien eine Entschuldi­gung des Königshaus­es für erlittenes Unrecht und eine Abkehr von der Krone fordern. Wie sein Vater äußerte William zwar Bedauern

über Sklaverei und Ausbeutung, ein „Sorry“kam aber nicht über seine Lippen.

2021 erklärte sich bereits der Inselstaat Barbados zur Republik,

weitere dürften folgen. Selbst in Kanada und Australien werden die Stimmen immer lauter, die eine Abkehr von der Monarchie fordern.

William, so scheint es, hat sich damit bereits abgefunden. „Wir unterstütz­en mit Stolz und Respekt Ihre

Entscheidu­ngen für die Zukunft“, sagte er auf den Bahamas.

William setzt sich sehr für Klimaschut­z ein

 ?? BILD: SN/AP/POOL/CHOWN ?? Acht Köpfe, vier Generation­en: die Royal Family. Im Gespräch: die Queen (96) und Urenkel Louis (4).
BILD: SN/AP/POOL/CHOWN Acht Köpfe, vier Generation­en: die Royal Family. Im Gespräch: die Queen (96) und Urenkel Louis (4).

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