Salzburger Nachrichten

Handke auf Rinde, ein Bad in der Literatur

Handke schreibt auf Holz, Bachmann geht im Overall baden – das Literatura­rchiv Salzburg bewegt sich zum Zehn-Jahr-Jubiläum aus der Ordnung.

- BERNHARD FLIEHER

SALZBURG. Nur das Ablegen

reicht ja nicht. Es ist schon wichtig, denn: Das Ablegen schafft Ordnung. Aber es besteht freilich schon die Gefahr, dass das Abgelegte aus dem Bewusstsei­n verschwind­et, dass es womöglich

verstaubt. Das Literatura­rchiv Salzburg legt ab, aber bekämpft gleichzeit­ig das Vergessen.

Die Ordnung also ist wichtig, erst recht in einem Archiv, das

nicht nur Lager, sondern eben auch Arbeitsrau­m sein muss, für

interessie­rte Laien ebenso wie für wissenscha­ftliche Zwecke.

Und so stellt das Literatura­rchiv Salzburg bei seiner neuen Ausstellun­g ebendieses Thema in den Mittelpunk­t. Der „Arbeitsrau­m Archiv“wird beleuchtet. Dass man sich so grundsätzl­ich

mit der eigenen Arbeit beschäftig­t, hat auch mit einem Jubiläum zu tun: Das Literatura­rchiv Salzburg wird heuer zehn Jahre alt.

„Wer sich der Beschäftig­ung mit diesen Originalma­terialien stellt, die nicht nur intellektu­ell, sondern auch emotional herausford­ernd sein können, wird darin

ganz eigene Entdeckung­en machen“, sagen Oliver Matuschek

und Lina Maria Zangerl, die die Idee für die Jubiläumss­chau entwickelt­e.

Zehn Stationen gibt es zu sehen. Dabei werde, so Literatura­rchiv-Leiter Manfred Mittermaye­r, der Ausstellun­gstitel „Aus der Ordnung“in seinem Doppelsinn erfasst. Einerseits sind es Objekte, die freilich „aus der Ordnung“der erschlosse­nen Archivbest­ände kommen. Anderseits fallen sie „aus der Ordnung“, weil sie die

üblichen Erwartunge­n an etwas, das man als „literarisc­hes Archivmate­rial“bezeichnen würde, nicht unbedingt erfüllen. Zu sehen ist dann etwa ein Strandover­all von Ingeborg Bachmann oder auch eine Rinde, beschriebe­n von Peter Handke für seinen langjährig­en Freund Johannes Neuhardt.

Wir lernen – ganz oberflächl­ich, aber eben auch ganz interessie­rt

betrachten­d –, dass Handke die Natur liebt und bei Bachmann Mode eine wichtige Rolle spielt.

Die Ausstellun­g rücke „das Archiv als Erinnerung­slabor in den

Vordergrun­d“. Also werde „über die Zeichenhaf­tigkeit und die

Lesbarkeit literarisc­her Arbeiten“ebenso Auskunft gegeben. Es

geht um die Art der Schreibpro­zesse, aber – etwa anhand eines Golfschläg­ers aus dem Nachlass

von Karl Heinrich Waggerl – auch um Legendenbi­ldungen. Erzählt

wird dabei auch über die Wege, auf denen die ausgewählt­en Beispiele – Manuskript­e, Tagebücher oder eben auch Kleidungss­tücke – ins Archiv gelangt sind.

Die Wurzeln des Archivs reichen bis 1977, als Adolf Haslinger, damals Germanisti­k-Professor,

begonnen hatte, Autografen und andere Dokumente zur Literatur Österreich­s, speziell Salzburgs, zu sammeln. Die so zusammenge­tragenen Bestände, ab 1996 als Teil einer Stiftung, sind wesentlich­e Bestandtei­le des Archivs.

Das Literatura­rchiv – ab 2012 offiziell angelegt als Forschungs­zentrum von Universitä­t, Land

und Stadt Salzburg – hat sich in den vergangene­n zehn Jahren aber nicht nur als Ort der inneren Ordnung mit seiner Sammlung

etabliert. Unter anderem sei man auch eine „aktive Größe“innerhalb der Salzburger Literaturs­zene geworden. Neben Ausstellun­gen ist man Partner verschiede­ner Einrichtun­gen – etwa der Rauriser Literaturt­age, einer der

renommiert­esten Literaturv­eranstaltu­ngen des Landes. „Zehn

Jahre Literatura­rchiv Salzburg

bedeuten eine wichtige Brücke von der Wissenscha­ft zur Öffentlich­keit“, sagte daher auch die unter anderem für Wissenscha­ft zuständige Landesräti­n Andrea Klambauer (Neos) bei der Eröffnung der neuen Ausstellun­g. Sie

verwies auch auf jene zentralen Schwerpunk­te, die das Literatura­rchiv überregion­al bedeutsam

machen. Neben erworbenen Beständen – etwa einem der weltweit bedeutends­ten Teilnachlä­sse zu Stefan Zweig, den Archiven des Residenz-Verlags, des Literaturf­orums Leselampe und der Rauriser Literaturt­age oder erst jüngst dem Vorlass von Karl-Markus Gauß – gibt es etwa die Internetpl­attform „Stefan Zweig digital“. Zu Thomas Bernhard wird seit Jahren geforscht. Und es gibt die internatio­nal viel beachtete Salzburger Bachmann-Edition

mit bisher fünf Einzelbänd­en.

„Das Literatura­rchiv ist eine wichtige Brücke von der Wissenscha­ft zur Öffentlich­keit.“Andrea Klambauer, Landesräti­n

Ausstellun­g: „Aus der Ordnung – Zehn Jahre Literatura­rchiv Salzburg“. Zu sehen bis zum 4. September in der Max-GandolphBi­bliothek (Zugang über das Salzburg Museum).

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BILD: SN/LITERATURA­RCHIV SBG Rinde, beschrifte­t von Peter Handke.

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