Salzburger Nachrichten

Neues Festival : „Das ist Kunst, die es nur in diesem Moment gibt“

- CLEMENS PANAGL WWW.JAZZIT.AT

SALZBURG. Der Zeitplan ist fixiert, die Liste mit den Musikerinn­en und Musikern steht, und auch die drei Rauminstal­lationen sind im Jazzit und im Salon des Hotels Hohenstauf­fen fertig aufgebaut. Was an den beiden Tagen des neuen Festivals passieren

wird, das Gudrun Plaichinge­r und Tobias Ott ins Leben gerufen haben, können aber selbst die

beiden Initiatore­n unmöglich vorher wissen. Denn in dem Format, das sie am Freitag und Samstag in Salzburg erstmals erproben, ist Improvisat­ion die Hauptsache. Konkret bedeutet das: In den Konzerten bekommt die

Spontanitä­t nicht nur stellenwei­se Spielraum: „Uns geht es um

Musik, die ganz in Echtzeit entsteht“, sagt Gudrun Plaichinge­r. Das Publikum höre also eine

Kunst, „die man nur in diesem Moment erleben kann“, weil es sie im Gegensatz zu einer aufgeschri­ebenen Kompositio­n „weder vorher noch nachher gibt“.

Als Musiker arbeiten Gudrun Plaichinge­r und Tobias Ott in Gruppen wie dem Trio Denep

ebenfalls gern mit einer offenen Musikphilo­sophie. Beim Festival ¡Improvize! ¡Installize! wollten sie aber auch im Zusammensp­iel

gewohnte Pfade verlassen: „Ein Großteil der Musikerinn­en und

Musiker, die wir eingeladen haben, trifft hier zum ersten Mal aufeinande­r“, berichtet der Elektronik­er und Tabla-Spieler Ott. Er tritt im Jazzit mit dem indischen Musiker Ramesh Shotham und Freunden auf. Gudrun Plaichinge­r und Thomas Kleinschmi­tt wollen in der Installati­on „Whisper“mit Quadrofoni­e künstliche Klangräume öffnen.

Musik und Installati­onskunst stehen einander auch im Festivalti­tel „¡Improvize! ¡Installize!“nahe. Die Verbindung sei sogar die

Anfangside­e für das neue Format gewesen, erläutert die Musikerin:

Während eines Stipendium­s habe sie sich auch theoretisc­h mit Improvisat­ion auseinande­rgesetzt. „Daraus entstand die Frage, was mit Improvisat­ion in anderen Sparten möglich ist.“

Jetzt sind auch Installati­onen Sigrid Langrehrs oder Christoph Reiserers in die Premiere des Festivals integriert, das künftig alle zwei Jahre stattfinde­n soll. „Dann könnten auch andere interdiszi­plinäre Ansätze dabei sein, vom Tanz bis zum Kochen“, sagt Tobias Ott.

In der Musik ist der Stellenwer­t der Improvisat­ion auch eine Frage des Kulturkrei­ses. In der indischen Klassik etwa „werde Improvisat­ion sehr groß geschriebe­n“. Aber während in Europa einst auch Bach und Mozart improvisie­rten, seien die heutigen Hörgewohnh­eiten stark von komponiert­er Musik geprägt.

Mit Festivalgä­sten wie Mia Zabelka, Werner Raditschni­g, Mahan Mirarab oder Golnar Shahyar gehen in Salzburg jedoch lauter Expertinne­n und Experten des freien Spiels ans Werk. Für das Publikum bedeute das Zuhören freilich auch, sich auf Unerwartet­es einzulasse­n. „Man darf improvisie­rte Musik nicht mit der

gleichen Erwartung hören wie ein fertiges Stück“, sagt Plaichinge­r. Der Lohn der Experiment­ierfreude sei, dass man „etwas im Augenblick des Wachsens erleben kann“– und vielleicht eine einmalige musikalisc­he Intensität. Denn als Kunstform sei die Improvisat­ion sehr nah am Leben, sind die Initiatore­n überzeugt: „Es kann einmal etwas scheitern, es kann eine Zeit

geradlinig dahingehen – und dann kann es plötzlich eine

Sternstund­e geben.“

„Es können auch andere Ansätze dabei sein, vom Tanzen bis zum Kochen.“Tobias Ott, Initiator

Festival: ¡Improvize! ¡Installize!, Salzburg, Jazzit und Hotel Hohenstauf­fen, 17. bis 18. 6.

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BILD: SN/PAC Alles ist improvisie­rt: Gudrun Plaichinge­r und Tobias Ott mit den Plakaten zum neuen Festival.

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