Salzburger Nachrichten

Rückzug bei Verbot für Wäschelein­en

Der Bürgermeis­ter von Neapel wollte das Aufhängen frisch gewaschene­r Kleidung verbieten. Der folgende Protest war groß.

- SN-ham, APA, KAP

NEAPEL. Das Bild von Neapel ist

unzertrenn­lich mit dem Bild frisch gewaschene­r Wäsche verbunden. Überall hängt in der italienisc­hen Stadt vor den Fenstern und auf den Balkonen frisch

gewaschene Wäsche – und prägt das Stadtbild. Doch für Bürgermeis­ter Gaetano Manfredi war die kunterbunt­e Wäsche zu viel, die beim Spaziergan­g durch die

Altstadt auf Leinen kreuz und quer über den Köpfen flattert. Er

forderte ein Verbot. „Die Wäsche zwischen den Balkonen und von einem Haus zum anderen ist zwar ein Merkmal Neapels, manchmal

verstößt sie jedoch gegen die Anstandsre­geln. Wir müssen stets die Grenze zwischen Volkstradi­tion und Ordnung berücksich­tigen“, erklärte das Oberhaupt der Stadt am Vesuv.

Seine Worte lösten helle Empörung in der größten Stadt Süditalien­s aus. In sozialen Netzwerken kursiert der Entwurf einer entspreche­nden Verordnung des Gemeindera­ts. Mit dem Hashtag „Ich hänge die Wäsche auf“verbreitet­e sich der Protest dagegen sehr schnell. Neapels Bürgermeis­ter – er war Universitä­tsminister und Rektor der angesehene­n neapolitan­ischen Universitä­t Federico II – wurde beschuldig­t, ein elitäres Bild der Stadt schaffen zu wollen, das nicht der volkstümli­chen Tradition Neapels entspricht.

Aus Protest legten Bürgerinne­n und Bürger auch Wäsche vor dem Rathaus Neapels nieder. „Wäschelein­en sind ein Symbol dieser Stadt, sie werden auch in beliebten Liedern besungen. Jeder in Neapel ist damit aufgewachs­en. Manfredi hat die Vorstellun­g

einer Stadt, in der das Volk verschwind­en soll“, wetterte ein Demonstran­t. So sieht es auch Manfredis Vorgänger Luigi De Magistris,

der von 2011 bis 2021 regierte: „Die Wahrheit ist, dass Manfredi Neapel nicht wirklich in seinem

Herzen und seiner Seele spürt. Sonst könnte er nicht an ein Verbot des Wäsche-Aufhängens denken.“

Unter dem enormen Druck machte Bürgermeis­ter Manfredi nun einen Rückzieher. Er versichert­e, dass es keine Verordnung geben

werde, die Wäschelein­en zwischen Balkonen verbieten werde. Der Gemeindera­t werde aber weiter auf

Anstand und Ordnung in der Stadt achten, betonte er.

Weniger Aufregung löste indessen im Jahr 2019 ein in der oberitalie­nischen Gemeinde Luzzara erlassenes Verbot gegen Boshaftigk­eit

Verbot gegen Bosheit und Groll erlassen

aus. Das hatte Bürgermeis­ter Andrea Costa erlassen. Ihn habe auch die Weihnachts­botschaft von Papst Franziskus aufgerütte­lt, sagte er damals. Es sei „Kern des Christentu­ms“, sich als ein Volk zu verstehen, das Solidaritä­t lebe, sich um

Abgehängte kümmere und den Einsatz für die Mitmensche­n anmahne, sagte der Politiker. Er habe seit einiger Zeit festgestel­lt, „dass im Hinblick auf den Umgang miteinande­r alle Dämme gebrochen sind“.

Der Inhalt des Verbots: Wer in der Öffentlich­keit „Boshaftigk­eit, Groll oder Wut“zeige, solle Bücher lesen, Filme ansehen oder Museen

besuchen. Es gehe nicht um Strafen, sondern um „einen Weckruf“, sagte Costa. Die ausgewählt­en Werke vermittelt­en „Toleranz, Solidaritä­t, Beharrlich­keit, das Meistern großer Herausford­erungen und die Bedeutung von Mitmenschl­ichkeit“. Dazu komme, dass es schwierige­r sei, ein

boshafter Mensch zu sein, wenn man die Schönheit in sein Leben

lasse.

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