Kennen Sie den noch?
Nicolas Cage spielt im spektakulären Film „Massive Talent“einen Schauspieler namens Nicolas Cage.
WIEN. Als Autor, der sich in „Leaving Las Vegas“zu Tode trinkt, errang Nicolas Cage einen Oscar, in „The Rock“entschärfte er Bomben, in „Con Air“rettete er im Ruderleiberl die Welt vor einer Meute Schwerverbrecher, in „Face/Off – Im Körper des Feindes“tauschte er
mit John Travolta das Gesicht. In den späten Neunzigern war kein
Vorbeikommen an Cage, er war einer der bestverdienenden Schauspieler der Branche und hatte zugleich Steuerschulden in Millionenhöhe. Dann kam der Marvel-Fehlgriff „Ghost Rider“, und danach
wurde es ruhig um Cage, der vom Superstar zum Geheimtipp wurde.
In den vergangenen 15 Jahren war er in vielen Independentproduktionen zu sehen, etwa im bildgewaltigen „Mandy“(2018), für den er als Gast sogar zum Slash Filmfestival
nach Wien anreiste. Und dann war da noch „Pig“(2021), den Cage kürzlich als seinen besten Film bezeichnete. Er spielt da einen trauernden einstigen Starkoch, der mit seinem Trüffelschwein im Wald lebt und nach der Entführung des Schweins einen Rachefeldzug durch die Restaurants seiner Vergangenheit startet. Wer „Pig“anschaut, sieht einen Schauspieler, der die Nuancen von
Verlust und Trauer spielen kann, ohne Lärm und ohne Bombast und ganz und gar ohne Lächerlichkeit.
Der ganz große Wurf aber, mit dem Cage auch wieder an die Blockbuster-Kassen zurückkehren könnte, der steht noch aus, und damit
beginnt der Film „Massive Talent“. Cage spielt darin einen Schauspieler namens Nicolas Cage, der in der Krise steckt: Er kämpft um seine Karriere, biedert sich bei einem Regisseur für eine Rolle an, dabei sollte er sich um seine Teenagertochter
und um den Familienfrieden mit seiner zukünftigen Ex-Frau bemühen, und darum, seine Schulden in den Griff zu bekommen. Und dann
flattert ein Angebot herein, würdelos,
aber, wie ihn sein Agent (Neil Patrick Harris) erinnert, sehr lukrativ: Cage soll bei der Geburtstagsfeier eines sehr reichen spanischen Geschäftsmanns anwesend sein.
Was Cage jedoch nicht ahnt: Reich
Liebeserklärung an den Actionheld der 1990er
ist der Mann, weil er eng mit der Mafia zusammenarbeitet, und Cages Partybesuch ist für die CIA willkommener Anlass, dessen Anwesen zu infiltrieren. Irgendwo auf dem Gelände ist nämlich ein entführtes Mädchen versteckt, und Cage soll helfen, sie zu befreien, während er zugleich als bezahlter Partygast seinen Gastgeber in dessen Filmdrehbuch-Ambitionen bestärkt – eine Kleinigkeit für einen Großschauspieler wie Cage.
„Massive Talent“ist übermütige Komödie, Familiendrama, Actionfilm und hinreißender Freundschaftsfilm voller absurder Details
und filmischer Insider-Zuckerln. Ein imaginärer junger Cage mit Lidstrich und unerträglichem Ego tritt auf, ein geheimer Raum voller CageDevotionalien kommt vor und ein Bester-Film-Wettkampf, in dem es „Paddington 2“aufs Stockerl schafft. Regisseur Tom Gormican und Drehbuchautor Kevin Etten
hatten es nicht einfach, Cage für den Film zu begeistern, doch die Überzeugungsarbeit hat sich gelohnt: „Massive Talent“ist kein Meisterwerk, aber eine sehr unterhaltsame Liebeserklärung an Cage für jene, die ihn ironisch, unironisch und auch in seinen schwächsten Momenten lieben. Und es ist,
ganz nebenbei, ein schöner Film für Eltern widerspenstiger Teenager, die sich nicht als das herausstellen,
was Papa sich gewünscht hat – und die vielleicht genau deswegen wundervoll sind.
Film: „Massive Talent“, Actionkomödie, USA 2022. Regie: Tom Gormican. Mit Nicolas Cage, Neil Patrick Harris, Demi Moore. Neu im Kino.