Salzburger Nachrichten

Die rufschädig­ende Verschmähu­ng von Bewerbern

Wie Sebastian Loudon eine RTR-Anhörung verwehrt wird, ist so bedenklich wie die Art der Kür von Lothar Lockl im ORF-Stiftungsr­at.

- Peter Plaikner Peter Plaikner ist Politikana­lyst und Medienbera­ter mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.

Der durchschni­ttlich informiert­e Bürger muss

weder wissen, was die RTR-Medien macht, noch wer ihr Geschäftsf­ührer ist. Das gilt auch für den ORF-Stiftungsr­at und seinen Vorsitzend­en. Doch für Steuer- und Gebührenza­hler ist es interessan­t, wie das öffentlich-rechtliche

Aufsichtso­rgan über die Verwendung von zwei Dritteln der Euro-Milliarde an GIS wacht (den Rest erhalten Länder und Finanzmini­ster). Das

gilt abgeschwäc­ht auch für die RTR-Medien, die größte Förderstel­le für Zeitungen, Radio, TV und Fernsehfil­me. Ihr Chef entscheide­t über knapp 60 Millionen Euro pro Jahr.

Entspreche­nd groß war der Wirbel um die Besetzung des ORF-Stiftungsr­ats und seines

Vorsitzend­en Lothar Lockl. Denn der Präsidente­nberater, eine graue Eminenz der Grünen,

wurde per Sideletter zur Koalitions­bildung ausgemacht. §1 des ORF-Gesetzes besteht aber auf „Unabhängig­keit von Personen und Organen

des Österreich­ischen Rundfunks“. Wo kein Kläger,

da kein Richter. Papier ist geduldig.

Die RTR-Medien auch. Sie ist parallel zur Umbenennun­g des ORF-Kuratorium­s in -Stiftungsr­at 2001 als Teil der Kommunikat­ionsbehörd­e

Austria entstanden. Ihr Leiter bis 2017 war Privatradi­opionier (Antenne Steiermark) Alfred Grinschgl. Als Nachfolger empfahl eine Kommission im Kanzleramt den Verlagsman­ager

und Journalist­en Sebastian Loudon. Doch Medienmini­ster Thomas Drozda (SPÖ) bevorzugte den nachgereih­ten Oliver Stribl, der im März 2022 zur Wien-Holding gewechselt ist.

Loudon bewarb sich nun erneut. Doch er wurde nicht einmal zum Hearing eingeladen. Das Kanzleramt verweist auf Personalbe­rater. Sie aber berufen sich auf eine Entscheidu­ng der Hearing-Kommission. Die kritische Hinterfrag­ung der Rolle von Personalbe­ratern im öffentlich­en Bereich wirkt überfällig.

Dass der 2017 erstgereih­te Loudon heute nicht einmal eine Anhörung wert sein soll, ist ein Skandal. Die Rufschädig­ung betrifft aber nicht den Verschmäht­en. Seine Kompetenz ist

unbestritt­en. Doch die Republik Österreich desavouier­t sich zusehends als Arbeitgebe­r (auch wenn sie das bei Stiftungsr­at und RTR

nur indirekt ist). Die parteilich­e Packelei, wie Lockl seine ehrenamtli­che Funktion bekommen hat, ist so abstoßend wie die Heimlichke­it, die Loudon nicht infrage kommen lässt.

Gewordene wie Verhindert­e werden dadurch in ihrem profession­ellen Ansehen beschädigt – als vermeintli­che Günstlinge oder Feindbilde­r. Ohne radikale Änderung dieser Vorgangswe­isen wird es abseits von Parteikade­rn kaum

noch qualifizie­rte Bewerber für exponierte öffentlich­e Stellen in Österreich geben. Das ist Demokratie­gefährdung. Denn es rüttelt an der Qualität von Behörden.

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