In den USA gilt: Halb so viel Training, doppelt so viel Spaß
Österreichs WM-Starterin Marlene Kahler tauchte als Studentin in Los Angeles in eine andere Schwimmwelt ein.
BUDAPEST. Olympiahoffnung Marlene Kahler hat, angesprochen auf ihren besten Freund Felix Auböck, eine Warnung in die Schwimmwelt geschickt. „Ich traue ihm noch sehr
viel zu“, sagte die 21-Jährige über den Kurzbahnweltmeister und schaute bereits auf die Sommerspiele in Paris in zwei Jahren. „2024 sollten die anderen Nationen Angst
vor ihm haben“, ergänzte Kahler und lachte. In den kommenden Tagen sind Österreichs Schwimmer aber noch bei der Langbahn-WM in Budapest gefordert.
Während Auböck am Samstag in der ungarischen Hauptstadt über seine Paradestrecke 400 m Kraul im Idealfall nach einer WM-Medaille
greifen will, reist Kahler ohne große Erwartungen an. Die Niederösterreicherin zog unmittelbar nach ihren ersten Olympischen Spielen im vergangenen Sommer, als sie in Tokio über die Krauldistanzen
17. (400 m), 19. (1500 m) und 22. (800 m) geworden war, nach Los
Angeles. Seitdem besteht ihr Leben nicht mehr nur aus „Schlafen, Schwimmen und Essen“, ihr Economics-Studium an der University of Southern California (USC) hat vieles verändert.
So wurde im Vergleich zur Olympiavorbereitung
das Trainingsprogramm drastisch eingeschränkt, statt 35 Stunden pro Woche sind
nur noch 20 erlaubt. „Das ist eine Regel, weil es sonst zu anstrengend
wäre in Kombination mit dem Studium“, erklärte Kahler. Fehlende
Trainingskilometer holt sie bei Bedarf auf eigene Faust im öffentlichen Pool nach. Die positiven Eindrücke sind aber überwältigend, das Leben in den USA sei „alles, was ich mir erwartet habe, und noch
mehr“. Auf einen Punkt gebracht: Halb so viel Training, aber doppelt so viel Spaß.
In den USA, wo Schwimmen eine Nationalsportart ist, habe sie Möglichkeiten, von denen man als Sportler in Österreich nur träumen
könne. „Unsere Krafträume sind riesig, das Team ist viel größer und
wir trainieren teilweise mit anderen Sportarten zusammen“, erzählte die Kraulspezialistin. „Es ist wirklich ein tolles Erlebnis, um nicht nur als Sportler besser zu werden, sondern sich auch als Person weiterzuentwickeln.“
Bei den Titelkämpfen in Ungarn hat die frühere Langstreckenexpertin ihren Fokus völlig umgestellt. „In Amerika sind die 200 m Kraul
extrem wichtig für die Staffeln“, sagte Kahler, die nun über die
kurze Distanz eine gute Leistung abliefern will. Eine Finalteilnahme sei angesichts der Belastungen der
vergangenen Monate aber unrealistisch. Den Stress merke sie jetzt sehr, deshalb wird sie wohl auch auf die EM in Rom im Sommer verzichten, um nach einer kurzen Auszeit „die Liebe zum Sport wieder zu finden“.
In der Duna-Arena von Budapest gibt es jedenfalls in diesen Tagen das ersehnte Wiedersehen mit
Kumpel Auböck, der seinerseits im englischen Loughborough studiert
und zuvor einige Jahre die University of Michigan besuchte. Und
vielleicht gibt es eine gemeinsame kulinarische Belohnung für die gezeigten Leistungen, womöglich das
in Ungarn traditionelle Langos? „Essen wir sicher, wir trainieren ja
brav dafür“, sagte Kahler und grinste.