Neun Euro fürs Klima
In Deutschland über die Bahn zu schimpfen ist ungefähr so wie über schlechtes Wetter herzuziehen: Jeder kann mitreden, aber meist sind die
Argumente schnell ausgetauscht. Was ändern? Kann man eh nicht. Und welcher Bahnreisende hatte nicht schon
mal eine Verspätung und verpasste dadurch den Anschlusszug?
Nun will die deutsche Ampel-Koalition das Land auf Schiene bringen. Und setzt angesichts der Ukraine- und Klimakrise mit dem Neun-Euro-Ticket ein
wichtiges politisches Zeichen: Seit Juni nun kann jede und jeder – auch Österreicherinnen und Österreicher – für neun Euro durch ganz Deutschland fahren. Das Angebot gilt im Nahverkehr inklusive Regionalbahnen.
Und das Billigticket kommt an. Über das Pfingstwochenende stiegen die Beförderungszahlen der Deutschen Bahn
um 30 Prozent. Man kann sagen: Wenn der Preis passt, steigen die Menschen um. Ein voller Erfolg also?
Nicht ganz. Was sich zahlenmäßig gut anhört, kann in Wirklichkeit nervenaufreibend sein. Denn 30 Prozent mehr Passagiere bedeuteten vielerorts:
überfüllte und verspätete Züge – ergo entnervte Bahnbedienstete wie Zugreisende.
Wer angesichts der Herausforderungen der Klimakrise mehr Menschen davon überzeugen will, öfter das Auto stehen zu lassen, muss ein attraktives und zuverlässiges Nahverkehrsangebot schaffen. Dafür braucht es langfristige Pläne – die über drei Monate hinausgehen.