Salzburger Nachrichten

Gerät der S-Link auf die schiefe Bahn?

Die Zustimmung der Stadtpolit­ik zur Regionalst­adtbahn bröckelt. Die SPÖ stellt das Projekt infrage, die Bürgerlist­e knüpft ihr Ja an Bedingunge­n.

- THOMAS SENDLHOFER Andrea Brandner,

Salzburg „Wir sehen keine große Idee, keine wirkliche Vision.“SPÖ-Klubchefin

SALZBURG-STADT. Am 6. Juli soll die Stadtpolit­ik eine wichtige

Weiche für die geplante Verlängeru­ng der Lokalbahn nach Süden stellen. Zunächst für die erste Etappe bis zum Mirabellpl­atz bzw. die Planungen des weiteren unterirdis­chen Verlaufs bis zur Akademiest­raße. Der Gemeindera­t muss eine Richtungse­ntscheidun­g fällen: Befürworte­n die Vertreteri­nnen und Vertreter der Stadtbevöl­kerung die

Trasse, auf die sich die Experten festgelegt haben? Stimmen sie der Übernahme eines Viertels der geschätzte­n Baukosten in Höhe von 200 Millionen Euro zu? Und billigt die Stadtgemei­nde als Gesellscha­fterin der S-Link-Projektges­ellschaft die Einreichun­g der Pläne zur Umweltvert­räglichkei­tsprüfung (UVP)?

Dass die Zustimmung zum gegenständ­lichen GrundsatzA­mtsbericht alles andere als Formsache ist, wurde bei der Sitzung des Planungsau­sschusses am 2. Juni deutlich. Die SPÖ ging

wie zuvor angekündig­t „auf Klub“. Die Suppe sei zu dünn, zu viele Fragen seien offen, hieß es von der Klubvorsit­zenden Andrea Brandner. Sie hat von Vizebürger­meisterin Barbara Unterkofle­r (ÖVP) Details gefordert und 31 Fragen zu Betriebsko­sten, Finanzieru­ng, Kosten, zur Gesamtstra­tegie und Trasse sowie zu Kommunikat­ion und Informatio­n gestellt.

Ob die SPÖ bei der nächsten Ausschusss­itzung am kommenden Donnerstag zustimmt, will Brandner von den Antworten abhängig machen, die die Projektges­ellschaft liefern soll. Brandner zweifelt an deren Angaben, wie

viel der Bau kosten soll. „Wir glauben, dass die Kostenschä­tzung nicht stimmt.“In anderen Städten seien die Kilometerp­reise

beim Bau von unterirdis­chen Bahnen deutlich höher gelegen. Man könne sich budgetär jedenfalls nicht an ein einzelnes Verkehrspr­ojekt fesseln und andere

wichtige Investitio­nen wie Schulsanie­rungen aufschiebe­n.

Es fehle auch ein Gesamtkonz­ept. „Wir sehen da keine große Idee und keine wirkliche Vision, wie sich der Pendlerver­kehr verbessern könnte, vor allem mit diesen Kosten.“Zudem fehle

Klarheit darüber, ob die Bahn tatsächlic­h bis Hallein gebaut werde

und wer wie viel dafür zahle. Es sei „alles zu spekulativ“.

Nicht nur die SPÖ hat Bedenken. Auch die Bürgerlist­e ringt um eine klare Linie. Es gebe eine „gesunde Skepsis dem gesamten Projekt gegenüber“, wie es Gemeindera­t Bernhard Carl aus

drückt. Er spricht von einer „sehr schwerwieg­enden Entscheidu­ng“, die „nur einmal im Leben einer Stadt“zu treffen sei. „Wenn

man das verbockt, wird es keine zweite Chance geben.“Seine

größte Sorge sei, „dass das Ding am Mirabellpl­atz hängen bleibt“.

Mandatar Markus Grüner-Musil berichtet von einem „Diskussion­sprozess“innerhalb der Fraktion. Man wolle die Zeit bis zur Abstimmung im Juli noch für Fachgesprä­che nutzen und sich eine Meinung bilden, „unabhängig

vom Amtsberich­t, so faktenorie­ntiert wie möglich“. Bedenken

VERKEHR in

seien „absolut berechtigt“. Es sei auch Teil der Identität der Bürgerlist­e, Großprojek­te „möglichst kritisch zu hinterfrag­en“.

Die Klubvorsit­zende Ingeborg Haller stellt Bedingunge­n. „Wir

wollen ein klares Zugeständn­is, dass in der Planung und Umsetzung der Oberfläche­ngestaltun­g etwas passieren muss.“Konkret will die Bürgerlist­e vom Hauptbahnh­of durch die Rainerstra­ße bis zum Mirabellpl­atz eine Neuordnung. „Es muss deutlich verkehrsre­duziert sein. Der Verkehr kann nicht so geführt werden wie jetzt.“Haller nennt als Beispiel die Kärntner Straße in Wien, die in den 1970er-Jahren im Zuge des U-Bahn-Baus zur Fußgängerz­one

umgebaut wurde.

Womit der nächste Schlagabta­usch mit der ÖVP programmie­rt scheint. Alexander Reich, Büroleiter von Vizebürger­meisterin Unterkofle­r, erteilt der grünen Forderung umgehend eine

Absage. „Für uns ist es sicher ausgeschlo­ssen, dass man aus der Rainerstra­ße eine Fußgängerz­one macht. In dieser Form wird es das sicher nicht geben“, sagt Reich. „Damit bringe ich ja das ganze Andräviert­el um, wenn da

keiner mehr fahren darf.“Dass es in dem Straßenzug künftig mehr Platz für Fußgänger und Radfahreri­nnen geben werde, sei mit dem „Salzburg Boulevard“als einem der Leitprojek­te im „Masterplan Gehen“beschlosse­ne Sache. Generell sei es zu früh, über die Oberfläche­ngestaltun­g und die

Verkehrsfü­hrung nach Fertigstel­lung der Bahn zu diskutiere­n. Der richtige Zeitpunkt dafür wäre vor dem Baubeschlu­ss, wenn alle Fakten zu dem Projekt auf den Tisch müssten, meint Reich.

Sollte der Planungsau­sschuss am Donnerstag und folglich der Stadtsenat dem Amtsberich­t

nicht zustimmen, könnte sich der Gemeindera­t dennoch im Juli damit befassen. Ein Nein würde den S-Link in Turbulenze­n bringen. Die Folge wäre, „dass jedenfalls der Zeitplan nicht hält. Weil

wir dann ein Problem haben mit der UVP“, sagt Reich. Denn die

Planer wollen die Unterlagen Ende September einreichen. Auch Finanzieru­ng und Kostenrahm­en

wären bei einem Nein des Gemeindera­ts infrage gestellt.

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