Behindertenrat droht mit Demos
„Inklusion gibt es nicht zum Nulltarif“– 500-Millionen-Fonds gefordert.
WIEN. Erstmals seit vielen Jahren könnten sich Menschen mit Behinderung wieder gezwungen sehen, zur Durchsetzung ihrer Forderungen auf die Straße zu gehen. Mit dieser Aussage ließ am Montag in einer Pressekonferenz Klaus Widl, erster Vizepräsident des Behindertenrates, aufhorchen. Anlass seiner Kritik war der Entwurf für einen neuen Nationalen Aktionsplan Behinderung (NAP), der derzeit im Sozialministerium erarbeitet wird. Wie Vertreter der Behindertenverbände in ihrem gemeinsamen Auftritt kritisierten, hätten sie sich zwar mit ihrer Expertise an der Erstellung des NAP beteiligt, ihre Anliegen hätten aber zu wenig Widerhall
gefunden. So seien die Forderungen nach Barrierefreiheit in neuen Gebäuden nur ungenügend
umgesetzt, ebenso die angestrebte Inklusion in den Schulen. Auch die
Kosten der einzelnen Maßnahmen seien nicht ausreichend konkretisiert. „Daher steht zu befürchten, dass vieles wegen mangelnder Finanzierung nicht umgesetzt wird“, sagte Widl und fügte hinzu: „Inklusion und die Umsetzung von Menschenrechten zum Nulltarif kann niemand erwarten.“Es gehe immerhin um die UN-Behindertenkonvention, zu deren Umsetzung sich Österreich bekannt habe.
Behindertenanwalt Hansjörg Hofer forderte einen von Bund und
Ländern mit 500 Millionen Euro
jährlich dotierten Inklusionsfonds ein, um etwa persönliche
Assistenz flächendeckend garantieren zu können. „Ohne die Finanzierung zu lösen, ist das ganze Werk das Papier nicht
wert, auf dem es gedruckt werden könnte“, unterstrich Hofer.
Ganz ähnlich sieht man das bei der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben Österreich (SLIÖ). Der Entwurf könne nicht akzeptiert werden, hieß es in einer Aussendung. Der NAP als Absichtserklärung enthalte
kaum strukturbildende Maßnahmen für die Umsetzung der UN-Konvention.